Die ambulante Komplexversorgung schwer psychisch kranker Kinder und Jugendlicher (KJ-KSVPsych-RL) wurde vom Gemeinsamen Bundesausschuss verabschiedet und wird ab dem 1. April 2025 umgesetzt.

Das Programm soll betroffenen Kindern und Jugendlichen mit schweren psychischen Erkrankungen helfen, selbstständig und stabil zu leben. Dazu werden sie von einem multiprofessionellen Team engmaschig betreut.

Nachdem für Erwachsene mit schweren psychischen Erkrankungen bereits seit Oktober 2022 ein Versorgungsprogramm besteht, ist es nun das Ziel, ein vergleichbares Angebot für Kinder und Jugendliche aufzubauen. Es soll eine bessere Koordination von verschiedenen Berufsgruppen gewährleisten, damit neben der medizinischen Behandlung auch psychiatrische und psychotherapeutische Belange abgedeckt sind und die Versorgung damit effektiver wird.

Multiprofessionelles Team

Um die Kinder und Jugendlichen und ihre Angehörigen in den verschiedenen Lebensbereichen – sei es in der Schule, in einem Wohnheim oder in der Familie – zu unterstützen, wird patientenindividuell ein multiprofessionelles Team gebildet.

Das sogenannte Zentrale Team besteht aus mindestens einem Arzt, einem Psychotherapeuten und einer koordinierenden Person. Gemäß eines fachärztlichen und psychotherapeutischen Vier-Augen-Prinzips arbeiten die Leistungserbringer verbindlich zusammen.

Hinweis:

Um an der Versorgung teilnehmen zu können, muss jeder teilnahmeberechtige Facharzt bzw. Psychotherapeut des zentralen Teams, eine Teilnahmeerklärung bei der KV Sachsen einreichen.

Zu Beginn der Behandlung wird gemeinsam ein Gesamtbehandlungsplan für die Patientin oder den Patienten erstellt.

In regelmäßigen Abständen tauscht sich das zentrale Team patientenbezogen aus.

Eine Person innerhalb des zentralen Teams übernimmt die Funktion des Bezugsarzt bzw. Bezugspsychotherapeut. Sie verantwortet die Koordination und die Abstimmung der Behandlung, delegiert Aufgaben an den Koordinator und kümmert sich um eine stabile Beziehung zwischen Arzt beziehungsweise Psychotherapeut und Patient.

Bei Bedarf können die Mitglieder des Zentralen Teams im „Erweiterten Team“ Fachärzte für Kinder- und Jugendmedizin, Sozialarbeiter, Kita-Erzieher, Lehrer und viele weitere Akteure wie bspw. Ergotherapeuten in die Behandlung einbeziehen.

Folgende Leistungserbringer des SGB V können einbezogen werden:

  • Krankenhäuser gemäß § 108 SGB V mit einer Kinder- und Jugendpsychiatrischen Einrichtung und mit einer Psychiatrischen Institutsambulanz nach § 118 SGB V

  • Leistungserbringer für Ergotherapie, Physiotherapie oder Stimm-, Sprech-, Sprach- oder Schlucktherapie (Zulassung nach § 124 SGB V)

  • Leistungserbringer für psychiatrische häusliche Krankenpflege mit einer Zulassung nach § 132a SGB V

  • Fachärzte für Kinder- und Jugendmedizin und

  • im Rahmen der Transition: Leistungserbringer für Soziotherapie mit einer Zulassung nach § 132b SGB V

Eine Zusammenarbeit mit folgenden Akteuren außerhalb des SGB V wird angestrebt:

  • Kinder- und Jugendpsychiatrische Dienste und, soweit vorhanden, Krisendienste

  • Leistungserbringer der Eingliederungshilfe

  • Leistungserbringer zur Teilhabe am Arbeitsleben

  • Jugendämter

  • Öffentlicher Gesundheitsdienst

  • Einrichtungen der Jugendhilfe

  • Bildungseinrichtungen wie Schulen und Kindertagessstätten

  • Schulpsychologische Dienste und Beratungsstellen

  • zugelassene vollstationäre und teilstationäre Pflegeeinrichtungen und ambulante Pflegedienste, die einen Versorgungsvertrag nach § 72 SGB XI abgeschlossen haben

  • Psychosoziale Beratungsstellen und Suchtberatungsstellen

  • Trauma Ambulanzen nach § 31 SGB XIV

  • Selbsthilfeorganisationen für Menschen mit einer psychischen Erkrankung oder deren Angehörige

  • Psychosoziale Einrichtungen zur psychotherapeutischen und psychiatrischen Versorgung von Geflüchteten

  • Rehabilitationseinrichtungen nach § 111 SGB V mit Leistungsangeboten für Kinder und Jugendliche mit einer psychischen oder psychosomatischen Erkrankung

Die Koordination der Versorgung des Patienten wird durch eine nichtärztliche koordinierende Person übernommen.

Die Koordinationsaufgaben werden entsprechend den berufsrechtlichen Vorgaben und dem patientenindividuellen Bedarf durch den Bezugsarzt oder den Bezugspsychotherapeuten übertragen. Hierzu gehören z. B. folgende Aufgaben:

  • Unterstützt Patienten bei der Einhaltung des Behandlungsplans (Koordination der Versorgung)

  • Kommunikation mit Angehörigen, Organisation von Terminvereinbarungen

  • Entlastet die beteiligten Gesundheitsberufe organisatorisch, etc.

Diese Berufsgruppen können die Koordinationsfunktion ausüben:

Soziotherapeut/-in, Ergotherapeut/-in, Physiotherapeut/-in, psychiatrische/-r häusliche/-r Krankenpfleger/-in, Medizinische/-r Fachangestellte/-r, Sozialarbeiter/-in, Sozialpädagoge/-in, Pflegefachkraft, Psychologe/-in, Stimm-, Sprech-, Sprach- und Schlucktherapeut/-in, bzw. Atem-, Sprech- und Stimmlehrer/-in, Logopäde/-in, Heilpädagoge/-in, Heilerziehungspfleger/-in

Voraussetzung ist eine fachspezifische Zusatzqualifikation, die Kenntnisse im Umgang mit psychischen Störungen bei Kindern und Jugendlichen belegt, oder eine zweijährige Berufserfahrung (inklusive Ausbildungszeiten) in der Versorgung von Kindern und Jugendlichen mit psychischen Erkrankungen.

Zur Abrechnung der Leistungen nach der KJ-KSVPsych-Richtlinie benötigen die teilnahmeberechtigten Fachgruppen eine Genehmigung der KV. Ein Antragsformular ist unter Dokumente bereitgestellt.

Teilnahmeberechtigte Fachgruppen:

  • Fachärzt/-innen für Kinder- und Jugendpsychiatrie und -psychotherapie

  • Kinder- und Jugendlichen-Psychotherapeut/-innen und Fach-Psychotherapeut/-innen für Kinder und Jugendliche

  • Fachärzt/-innen für Kinder- und Jugendmedizin mit mindestens zweijähriger Weiterbildung in Kinderund Jugendpsychiatrie

  • Fachärzt/-innen für Nervenheilkunde, Neurologie, Psychiatrie und Psychotherapie mit mindestens zweijähriger Weiterbildung in der Kinder- und Jugendpsychiatrie

  • Fachärzt/-innen für Psychosomatische Medizin und Psychotherapie mit mindestens zweijähriger Berufserfahrung

  • Psychologische Psychotherapeut/-innen mit fachlicher Befähigung zur Behandlung von Kindern und Jugendlichen (nach § 4 Abs. 2 u. 4, Psychotherapie-Vereinbarung)

  • Ärztliche Psychotherapeuten mit fachlicher Befähigung zur Behandlung von Kindern und Jugendlichen (nach § 3 Abs. 2 u. 4 Psychotherapie-Verordnung)

Weitere Voraussetzungen:

  • Das Zentrale Team muss mindestens 4 Tage pro Woche jeweils mindestens 50 Minuten telefonisch erreichbar sein

Die ambulante Komplexversorgung schwer psychisch kranker Kinder und Jugendlicher wurde zum 1. April 2025 in den EBM aufgenommen. Die Rechtsgrundlage für die Versorgung bildet die KJ-KSVPsych-Richtlinie.

Zur Abbildung der Vergütung wurden mehrere neue extrabudgetäre Gebührenordnungspositio-nen (GOP) in den neuen Abschnitt 37.6 im Kapitel 37 EBM aufgenommen:

GOPBeschreibungBewertungAnmerkungen
37600Eingangssprechstunde29,25 Euro / 236 Punkte
  • Je vollendete 15 Minuten
  • Max. sechsmal im Krankheitsfall (davon bis zu dreimal auch mit Bezugspersonen ohne Anwesen-heit des Patienten)
  • Bei der Nebeneinanderberechnung der psychotherapeutischen Sprechstunde nach GOP 35151 und GOP 37600 ist eine mindes-tens 15 Minuten längere Arzt-Patienten-Kontaktzeit als in GOP 35151 angegeben Voraussetzung für die Berechnung der GOP 37600
37610Differenzialdiagnostische Abklärung28,63 Euro / 231 Punkte
  • Je vollendete 15 Minuten
  • Max. sechsmal im Krankheitsfall (davon bis zu dreimal auch mit Bezugspersonen ohne Anwesenheit des Patienten)
  • Nur berechnungsfähig, wenn in dem aktuellen Quartal oder dem unmittelbar vorausgehenden Quartal, die GOP 37600 berechnet wurde
37620Erstellen eines Gesamtbehandlungsplans

55,52 Euro / 448 Punkte

37620T:
77,71 Euro / 627 Punkte

  • Einmal im Krankheitsfall
  • Nur berechnungsfähig, wenn in dem aktuellen Quartal oder dem unmittelbar vorausgehenden Quartal, die GOP 37600 berechnet wurde
  • Bei einem zentralen und erweiterten Team von mind. fünf Leistungserbringern und Akteuren erfolgt eine Anhebung der Vergütung (Kennzeichnung der GOP mit Suffix „T“)
37625Zusatzpauschale für Leistungen des Bezugsarztes oder des Bezugspsychotherapeuten

55,77 Euro / 450 Punkte

37625T:
78,08 Euro / 630 Punkte

  • Einmal im Behandlungsfall
  • Dokumentierte Überprüfung und Fortschreibung des Gesamtbehandlungsplanes unter alters- und entwicklungsentsprechender Beteiligung des Patienten sowie Einbeziehung der Sorgeberechtigten, fachlicher Austausch und Abstimmung mit

    den an der Behandlung Beteiligten, Initiierung von Fallbesprechungen

  • Bei einem zentralen und erweiterten Team von mind. fünf Leistungserbringern und Akteuren erfolgt eine Anhebung der Vergütung (Kennzeichnung der GOP mit Suffix „T“)

37626

Zuschlag im Zusammenhang mit der GOP 37625 für Leistungen
im Rahmen der Transition

 

28,75 Euro / 232 Punkte
  • Einmal im Krankheitsfall, mit medizinischer Begründung (FK 5009) zweimal im Krankheitsfall
  • Abstimmung und Festlegung von Maßnahmen für die Überleitung
  • Gemeinsame Behandlungspla-nung mit dem für den Erwachsenenbereich zuständigen Arzt oder Psychotherapeuten
  • Voraussetzung: Durchführung von mind. einer Fallbesprechung (GOP 37650) mit dem für den Erwachsenenbereich zuständi-gen Arzt oder Psychotherapeuten in den letzten vier Quartalen vor einer Überleitung in die Erwachsenenversorgung
  • nur in den letzten vier Quartalen vor einer Überleitung in die Erwachsenenversorgung berechnungsfähig
37630Koordination der Versorgung durch eine nichtärztliche Person

71,51 Euro / 577 Punkte

37630T:
100,14 Euro / 808 Punkte

 

  • Einmal im Behandlungsfall
  • Die Erbringung wird vom Bezugsarzt oder Bezugspsychotherapeuten an eine nichtärztliche Person übertragen. Die Abrechnung der GOP erfolgt durch den Bezugsarzt oder den Bezugspsychotherapeuten
  • Nachhalten der Umsetzung des Gesamtbehandlungsplans, Terminvereinbarungen bei den an der Versorgung beteiligten Berufsgruppen, Netzwerkarbeit mit den relevanten Bezugspersonen und Einbindung relevanter Einrichtungen, Organisation von interdisziplinären Fallbesprechungen
  • Bei einem zentralen und erweiterten Team von mind. fünf Leistungserbringern und Akteuren erfolgt eine Anhebung der Vergütung (Kennzeichnung der GOP mit Suffix „T“)
37635

Aufsuchen eines Patienten im häuslichen Umfeld durch eine
nichtärztliche Person

 

20,57 Euro / 166 Punkte
  • Höchstens fünfmal im Behandlungsfall
  •  Je Sitzung
  • Persönlicher Patienten-Kontakt durch die nichtärztliche koordinierende Person
  • Die Erbringung wird vom Bezugsarzt oder Bezugspsychotherapeuten an eine nichtärztliche Person übertragen. Die Abrechnung der GOP erfolgt durch den Bezugsarzt oder den Bezugspsychotherapeuten
37650Patientenorientierte Fallbesprechung15,86 Euro / 128 Punkte
  • Höchstens achtmal im Behandlungsfall
  • Je vollendete 10 Minuten
  • Auch per Telefon oder Video berechnungsfähig
37651Zuschlag zur GOP 37650 bei nichtärztlichen / nichtpsychotherapeutischen Teilnehmern15,86 Euro / 128 Punkte
  • Höchstens achtmal im Behandlungsfall
  • Je vollendete 10 Minuten
  • Erzielte Vergütung ist an nichtärztliche bzw. nichtpsychotherapeutische Teilnehmende weiterzuleiten
37655Teilnahme an einer Hilfekonferenz15,86 Euro / 128 Punkte
  • Höchstens achtmal im Behandlungsfall
  • Je vollendete 10 Minuten
  • Auch per Telefon oder Video berechnungsfähig
37656Zuschlag zur GOP 37655 bei nichtärztlichen / nichtpsychotherapeutischen Teilnehmern15,86 Euro / 128 Punkte
  • Höchstens achtmal im Behandlungsfall
  • Je vollendete 10 Minuten
  • Erzielte Vergütung ist an nichtärztliche bzw. nichtpsychotherapeutische Teilnehmende weiterzuleiten
Weitere Hinweise zur Abrechnung:
  • Die GOP 37650 und 37655 können auch berechnet werden, wenn die Fall- bzw. Hilfe-konferenz telefonisch oder per Video stattfindet. Der Arzt oder Psychotherapeut, der eine Videofallkonferenz initiiert, kann zusätzlich den Technikzuschlag für Videosprechstunden (GOP 01450) abrechnen.

  • Besuche (GOP 01410 bis 01413 und 01415) und psychotherapeutische Gespräche (GOP 22220 und 23220), die im Zusammenhang mit der Komplexversorgung gem. Abschnitt 37.6 EBM erfolgen, sind in der Abrechnung zu kennzeichnen:
    - Suffix „L“ bei Besuchsleistungen (z.B. 01410L)
    - Suffix „L“ bei Gesprächen gemäß GOP 22220 und 23220
    - Suffix „W“ bei Gesprächen gemäß GOP 22220 und 23220, wenn diese per Video erbracht werden

  • Die psychotherapeutischen Gespräche sind im Zusammenhang mit Leistungen des Ab-schnitts 37.6 häufiger berechnungsfähig – bis zu 25-mal statt bis zu 15-mal im Behand-lungsfall, davon bis zu 5-mal auch mit relevanten Bezugspersonen ohne Anwesenheit des Patienten. Ab dem 16. Gespräch erfolgt die Vergütung zunächst extrabudgetär.