Wäre es nicht anzustreben, diesmal einen Mediziner, jemand der über Jahre hinweg in einem Krankenhaus oder einer Praxis gearbeitet hat, die Position des Bundesgesundheitsministers anzutragen?

Liebe Kolleginnen und Kollegen,

nun ist die seit Langem erwartete Jubiläumswahl zum 20. Deutschen Bundestag schon wieder ein paar Wochen Geschichte. Bei der mehr als verworrenen Konstellation, die sich daraus ergeben hat, ist eine Einigung auf eine Koalition fast schon ein Wunder. Wenn es auch immer heißt, der Souverän hätte es so gewollt, so wurde diese Dreier-Konstellation mit Sicherheit von eher wenigen Wählern vorher beabsichtigt.

Rot-Grün-Gelb

Nichtsdestotrotz gilt es nun für die beteiligten Parteien, das Beste für unser Land daraus zu machen. Bei allem Getöse im Wahlkampf muss man schon zugeben, dass man sich bei einigen entscheidenden Dingen, gerade was die Gesundheitspolitik anbelangt, doch sehr schnell, zumindest in Umrissen, ziemlich pragmatisch geeinigt hat. Das seit langem aufgebaute Drohgespenst der „Bürgerversicherung“ ist sehr schnell beerdigt worden. Auch, wenn es für die meisten Kolleginnen und Kollegen in Ostdeutschland nicht die Folgen gehabt hätte, wie im Westen der Republik, so wäre der, natürlich nur vermeintliche, erwartete Nutzen nur mit einem unfassbaren Aufwand und ebensolchen Kosten erkauft worden.

Auch massive Steuererhöhungen wird es, zumindest den gegenwärtigen Verlautbarungen zufolge, nicht vorschnell geben. Wir können nur hoffen, dass die extremen Ansinnen vom linken Rand der Grünen und der SPD in den nächsten vier Jahren vernünftigerweise weiter kleingehalten werden. Unserem Land, und insbesondere unserer Wirtschaftskraft wäre es zu wünschen. Mit der Finanzierung der versprochenen Wahlgeschenke, vor allem aber mit den in Zukunft erforderlichen Kosten für eine wieder sicherere Energieversorgung – neben den ohnehin hohen Aufwendungen für unser Gemeinwesen – wird die Wirtschaft ausgelastet sein.

Versäumnisse der etablierten Parteien

Nach dem Komplettversagen der CDU im Wahlkampf kann ihr eine Zeit in der Opposition zur Selbstfindung nur guttun. In der zweiten Hälfte der Amtszeit von Angela Merkel war eine Unterscheidung zur SPD kaum noch möglich. Das Verlassen vieler konservativer Posi-tionen hat die Entwicklung und Stärkung der AfD, besonders auch hier in Sachsen, zur unmittelbaren Folge gehabt. Doch man würde es sich zu einfach machen, wenn man das Versagen ausschließlich bei der CDU in Berlin sieht. Die SPD und die Grünen tragen hier in Sachsen eine gehörige Mitschuld, was sich in ihrem Wahlergebnis im Land widerspiegelt. Die Landbevölkerung fühlt sich von vielen Erfolgsgeschichten ausgegrenzt, auch was die medizinische Versorgung in einigen Landesteilen anbelangt. Wenn man die Infrastruk-tur vernachlässigt, erhält man ein solches Ergebnis. Unbedingt erforderlich wäre die Schärfung des Profils, insbesondere der Altparteien. Vom Wechsel der beiden bisherigen großen Volksparteien CDU und SPD hat die Entwicklung der Bundesrepublik Deutschland über 60 Jahre eigentlich gelebt. Wie oft haben wir als Jugendliche und junge Erwachsene die politische Auseinandersetzung in der alten Bundesrepublik mit den damaligen Köpfen bewundert und uns gewünscht, dass diese Art Politik irgendwann einmal in ganz Deutschland einzieht. Leider hielt dies dann, als es soweit war, nur eine begrenzte Zeit vor.

Wie die Erneuerung allerdings allen beiden Parteien gelingen kann, ist derzeit noch vollkommen unklar. Allein eine Verjüngung des Personals, wie es auch Grüne und FDP leben, wird mit Sicherheit nicht der Schlüssel zum Erfolg sein.

Zeitbegrenzung der Mandate und Fachleute in die Politik

Die Angst der jungen Leute vor den „alten weißen Männern“ in den etablierten, sogenannten Volksparteien wäre mitnichten so groß, wenn es sich bei diesen nicht um ewig im Bundestag sitzende Alt-Politiker handeln würde, die dieses Amt teilweise seit 35 oder 40 Jahren ausüben, und sich vermutlich von jeglicher Realität der Berufs- und Lebenswelt entfernt haben. Würde man, wie schon unzäh-lige Male gefordert und in vielen anderen Ländern üblich, eine Höchstdauer für ein politisches Mandat als Bundestagsabgeordnete für maximal acht Jahre – heutzutage wären schon zwölf ein Riesengewinn – einführen, wäre der Bezug zum gesellschaftlichen Leben für alle Mitglieder des Parlaments gewahrt und ständig ausreichend frische Köpfe anwesend. Die organisatorischen Abläufe dieses Landes werden ohnehin von den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern der Ministerien erledigt und würden darunter in keiner Weise leiden. Dann wäre auch ein hohes Lebensalter mit viel Lebenserfahrung und höchsten Fachkenntnissen kein Manko, sondern ein gewinnbringender Vorteil.
Dazu müssten natürlich auch die Diäten nicht mehr einheitlich, sondern so wie es der Name ja eigentlich vorschreibt, als Ausgleich für entgangene Zahlungen in der jeweiligen Berufssparte, entsprechend des vorherigen Einkommens gezahlt werden. Nur unter diesen Bedingungen würde man wirklich fähige Personen, die zum Beispiel ein großes Unternehmen führen, oder ein eigenes, erfolgreiches Start Up gegründet haben, dazu bewegen können, auch mal ein Jahrzehnt in die Politik zu gehen. Natürlich müsste man an die Inhaber von Spitzenpositionen die gleichen Anforderungen stellen. Ob allerdings das Prinzip „Kreißsaal – Hörsaal – Plenarsaal – Regierungsamt“ eine Lösung ist, darf bezweifelt werden. Wäre es nicht anzustreben, diesmal einen Mediziner, jemand der über Jahre hinweg in einem Krankenhaus oder einer Praxis gearbeitet hat und die Probleme aus nächster Nähe kennt, die Position des Bundesgesundheitsministers anzutragen?

Hoffen wir, dass die so oft in den letzten Wochen beschworene und behauptete Erneuerung wirklich greift. Letzteres ist in allererster Linie an diejenigen gerichtet, die gerade im politischen Berlin das Regierungsprogramm für die nächsten Jahre aushandeln.

Mit besten Grüßen

Ihr Frank Rohrwacher