Qualitätsverbesserung, hohe Bedarfsgerechtigkeit und Wirtschaftlichkeit sowie Praktikabilität – auf diesen vier Säulen fußt das Modell der Arzneimittelinitiative Sachsen-Thüringen „ARMIN“ seit seinem Start im Jahr 2014. Ein Modell, das Wirkung zeigt und ein positives Beispiel für die Verbesserung der Versorgung von Patienten ist, die fünf oder mehr verschiedene Medikamente einnehmen.

Falsche Medikamenteneinnahme, Wechselwirkungen von Arzneien untereinander und unzulängliche Kommunikationsmöglichkeiten zwischen den Gesundheitspartnern im Sinne der Patienten haben massive Folgen für das Gesundheitssystem. So basiert beispielsweise jede zwanzigste Notfalleinweisung in ein Krankenhaus auf Medikamentenwirkungen. Die AOK PLUS, die Kassenärztlichen Vereinigungen sowie die Apothekerverbände Sachsen und Thüringen führten mit der Arzneimittelinitiative Sachsen-Thüringen – ARMIN bis zum 30. Juni 2022 ein Modellvorhaben durch, was genau hier ansetzt.

Videomitschnitt zur Pressekonferenz

Hintergrundinformationen zum Projekt

ARMIN basiert auf den folgenden drei Modulen, die stufenweise umgesetzt wurden:

1. Wirkstoffverordnung
2. Medikationskatalog
3. Medikationsmanagement

      1. Wirkstoffverordnung

      Die Wirkstoffverordnung sieht eine produktneutrale Verordnung von Wirkstoffen durch den Arzt vor. Die konkrete Präparateauswahl erfolgt in der Apotheke. Bestehende Rabattverträge werden berücksichtigt.

      Mit der Wirkstoffverordnung werden Einsparpotentiale erschlossen ohne die Therapiequalität zu gefährden. Dies kommt der Versorgung von Patienten als Beitrag zur Beitragssatzstabilität der Krankenkassen zugute.

      Bislang war es mit Hilfe der meisten Praxisverwaltungssysteme (PVS) nicht möglich, eine für den Apotheker eindeutig belieferbare Wirkstoffverordnung auf das Rezept zu drucken.
       

      Mit der technischen Unterstützung im Modellvorhaben:

      • wählt der Arzt wie gewohnt ein Fertigarzneimittel aus,

      • leitet das PVS daraus Wirkstoff, Wirkstärke, Darreichungsform und Packungsgröße ab

      • und druckt eine entsprechende Wirkstoffverordnung auf das Rezept.

        2. Medikationskatalog

        Der für ARMIN verwendete Medikationskatalog wurde von der Kassenärztlichen Bundesvereinigung (KBV) erarbeitet. Er enthält für versorgungsrelevante Indikationen zugelassene Wirkstoffe und Wirkstoffkombinationen, die nach definierten Kriterien in Kategorien eingeordnet wurden. Ziel ist es, eine leitliniengerechte, patientenorientierte und wirtschaftliche Versorgung sicherzustellen.
         

        Arbeitsgrundlage für die Einstufung der Wirkstoffe waren:

        • Therapieempfehlungen der Arzneimittelkommission der deutschen Ärzteschaft (AkdÄ)

        • Abschlussberichte des Instituts für Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen (IQWiG)

        • Empfehlungen aus den Disease Management Programmen (DMP)

        • Therapiehinweise des Gemeinsamen Bundesausschusses (G-BA)

        • G-BA-Beschlüsse zur frühen Nutzenbewertung

        • Wirkstoff AKTUELL

        • Bewertungen des Arzneimittelkursbuchs

        • Regelungen der Arzneimittel-Richtlinie
           

        Nach folgender Systematik wurde die Einteilung der Wirkstoffe vorgenommen:

        • Standard: Wirkstoffe, die für den überwiegenden Anteil der Patienten zur Behandlung der Erkrankung in Frage kommen.

        • Reserve: Kategorie bezieht sich auf den Einsatz bei relevanten Patientengruppen, für die eine Behandlung mit den Standardwirkstoffen nicht in Frage kommt

        • Nachrangig: Die übrigen für diese Indikation zugelassenen Wirkstoffe, die nicht unter die Definition „Standard“ oder „Reserve“ fallen. Wirkstoffe, die in bestimmten Behandlungskonstellationen Vorteile haben, aber in der Gesamtschau als „Nachrangig zu verordnen“ einzustufen sind.
           

        Folgende Indikationen waren Gegenstand des Medikationskataloges:

        • Hypertonie

        • Koronare Herzkrankheit

        • Fettstoffwechselstörung

        • Osteoporose

        • Herzinsuffizienz

        • Vorhofflimmern

        • Alzheimer-Demenz

        • Depression

        • Diabetes mellitus Typ 2

        • Antibiotikatherapie der oberen Atemwege

        • Antibiotikatherapie der unteren Atemwege

        • Antibiotikatherapie der Harnwege

        • COPD

        • Asthma

          3. Medikationsmanagement

          Die Schritte zum Medikationsplan:

          1. Der Apotheker erfasst die Gesamtmedikation

          2. Der Apotheker erstellt einen vorläufigen Medikationsplan

          3. Der Arzt bewertet die Medikation und ergänzt den Medikationsplan

          4. Der Apotheker komplettiert den Medikationsplan

          5. Kontinuierliche Pflege des Medikationsplans

            Hintergrund

            Arzneimittel gehören, richtig angewendet, zu den wirksamsten Instrumenten medizinischer Hilfe. Wegen der höheren Lebenserwartung steigt die Behandlungsdauer chronischer Erkrankungen und die Zahl multimorbider Patienten. Arzneimittel werden damit häufig zu jahrelangen Begleitern von Patienten.

            Eine Arzneimitteltherapie ist dabei oft nicht frei von Risiken. Die gleichzeitige Gabe von mehr als 5 Wirkstoffen mit systemischer Wirkung in der Dauermedikation (Zeitraum von voraussichtlich mindestens 6 Monaten) erhöht das Risiko unerwünschter Arzneimittelwirkungen, aber auch die fehlende Therapietreue des Patienten kann ein maßgeblicher Risikofaktor darstellen.

            Um diese Probleme bewältigen zu können, sind innovative Versorgungskonzepte gefragt, die dem erhöhten Betreuungsbedarf multimorbider Patienten gerecht werden.

            Zielstellung
            • Optimierung der Versorgung des multimorbiden Patienten durch bessere Betreuung und interdisziplinäre Zusammenarbeit.

            • Verbesserung der Arzneitherapie durch medizinische und pharmazeutische Überprüfung der Polymedikation der Patienten

            • Die Therapietreue der Patienten soll durch ein zwischen Arzt und Apotheker abgestimmtes Medikationsmanagement gefördert werden.

            • Die Zusammenarbeit von Arzt und Apotheker soll gefördert werden.

            • Der Arzt soll bei der evidenzbasierten und wirtschaftlichen Verordnung von Arzneimitteln unterstützt werden.

            Gesetzliche Grundlage

            Die Kassenärztliche Bundesvereinigung (KBV) und die ABDA (Bundesvereinigung Deutscher Apothekerverbände) haben im Jahr 2011 ein Konzept zur Arzneimittelversorgung entwickelt. Mit dem am 1. Januar 2012 in Kraft getretenen GKV-Versorgungsstrukturgesetz hat der Gesetzgeber über den neu geschaffenen § 64a SGB V die Möglichkeit eröffnet, das Konzept in einem Modellversuch für gesetzlich versicherte Patienten zu verwirklichen.

            Der Sächsische und Thüringer Landesapothekerverband sowie die beiden Kassenärztlichen Vereinigungen und die AOK PLUS haben sich zu einer Umsetzung dieses Konzeptes entschlossen und einen „Vertrag zu einem Modellvorhaben nach § 63 SGB V zur Optimierung der Arzneimittelversorgung in Sachsen und Thüringen (ARMIN)“ geschlossen.

            Dieser ist am 1. April 2014 in Kraft getreten und wurde stufenweise umgesetzt.

            Pressemitteilung vom 18. April 2023
            Arzneimittelinitiative ARMIN - verringerte Mortalität in Evaluation zu beobachten

            Pressemitteilung vom 11. Juli 2022
            Vorreiterrolle im Medikationsmanagement: Was die Arzneimittelinitiative ARMIN geleistet hat

            Pressemitteilung vom 12. September 2018
            ARMIN erhält ersten Deutschen Patientenpreis 2018

            Pressemitteilung vom 18. Juni 2018
            ARMIN-Projektpartner ziehen Zwischenbilanz und suchen das Gespräch mit der Politik

            Pressemitteilung vom 07.06.2018
            AOK PLUS erhält wichtiges Datenschutz-Gütesiegel für die Arzneimittelinitiative ARMIN

            Pressemitteilung vom 27. September 2017
            Arzneimittelinitiative ARMIN wird fortgesetzt

            Pressemitteilung vom 29. September 2016
            ARMIN bietet mehr als einen Medikationsplan

            Pressemitteilung vom 28. Juni 2016
            ARMIN startet Medikationsmanagement

            Pressemitteilung vom 14. August 2015
            ARMIN - Server für Medikationspläne zertifiziert und in Betrieb

            Pressemitteilung vom 23. Juni 2015
            ARMIN - erfolgreich bei ersten Praxistests

            Pressemitteilung vom 10. Dezember 2014
            Bereits rund 1.000 Ärzte und Apotheker im Modellprojekt ARMIN

            Pressemitteilung vom 27. März 2014
            Arzneimittelinitiative Sachsen-Thüringen „ARMIN“ startet

             

            Ihre Ansprechpartnerin

            KV Sachsen

            Frau Katharina Bachmann-Bux
            Pressesprecherin KV Sachsen

            0351 8290-9170

            Weiterführende Informationen

            Erklärvideo der KBV zu ARMIN