Außerklinische Intensivversorgung ist ein komplexes, individuell abzustimmendes ambulantes Leistungsangebot. Vorrangig geht es um Patienten, die zu Hause, in speziellen Wohngemeinschaften oder in Pflegeheimen künstlich beatmet oder tracheotomiert werden. Dabei steht das Potenzial der Verringerung der künstlichen Beatmungszeit bis hin zu einer eventuell möglichen Entwöhnung oder Dekanülierung im Mittelpunkt. Ziel ist es, die medizinische Versorgung der Betroffenen zu verbessern sowie die Therapie zu optimieren.
Um eine nahtlose Patientenversorgung zu gewährleisten, darf die außerklinische Intensivpflege bis 30. Oktober 2023 weiterhin auf Formular 12 für die häusliche Krankenpflege verordnet werden.
Um Engpässe in der Versorgung von Patienten zu vermeiden, die einer außerklinischen Intensivpflege bedürfen, hat der Gemeinsame Bundesausschuss eine Übergangsregelung bezüglich der Potentialerhebung bis Ende 2024 beschlossen.
Da aktuell noch nicht absehbar ist, ob eine ausreichende Anzahl an Ärztinnen und Ärzten zur Durchführung der Potenzialerhebung zur Verfügung stehen und zudem die reginale Verteilung sehr unterschiedlich ist, gilt befristet bis 31. Dezember 2024, dass eine Potenzialerhebung vor jeder Verordnung durchgeführt werden „soll“ (nicht „muss“).
Weitere Facharztgruppen zur AKI-Versorgung zugelassen
Des Weiteren kann Außerklinische Intensivpflege von allen Vertragsärzten verordnet werden, die über Kompetenzen im Umgang mit beatmeten oder trachealkanülierten Versicherten verfügen. Diese benötigen eine Genehmigung der Kassenärztlichen Vereinigung Sachsen.
Zur besseren Versorgung von Kindern, Jugendlichen sowie jungen Volljährigen ist zudem eine Erweiterung von Fachgruppen zur Potentialerhebung bzw. eine Anpassung der Anforderungen an Fachärzte für Kinder- und Jugendmedizin betreffend Erfahrungen und fachlichen Qualifikationen vorgenommen worden.
Bisher wurden Beatmete und ähnlich Schwerstkranke entsprechend der Richtlinie über die Verordnung von häuslicher Krankenpflege versorgt (HKP-Richtlinie). Diese Leistung wurde herausgelöst und als eigenständige Leistung nach der neuen Außerklinischen Intensivpflege-Richtlinie (AKI-Richtlinie) geregelt.
Um eine nahtlose Patientenversorgung zu gewährleisten, darf die außerklinische Intensivpflege bis 30. Oktober 2023 weiterhin auf Formular 12 für die häusliche Krankenpflege verordnet werden.
Die Einführung der Formulare 62A - 62C erfolgte zum 1. Januar 2023.
Formular 62A – Ergebnis der Erhebung des Beatmungsentwöhnungs- bzw. Dekanülierungpotenzials gemäß AKI-Richtlinie des G-BA (Potentialerhebung)
Formular 62B – Verordnung außerklinischer Intensivpflege
Formular 62C - Behandlungsplan, ist jeder Verordnung beizulegen
Ausfüllhinweise Vordruckerläuterungen Muster 62A-C
Bei beatmeten oder trachealkanülierten Versicherten erfolgt vor jeder Verordnung jeweils individuell eine Potenzialerhebung. Die Erhebung ist alle sechs Monate durchzuführen. Dabei wird insbesondere Folgendes erhoben und dokumentiert:
das Potenzial zur Reduzierung der Beatmungszeit bis hin zur vollständigen Beatmungsentwöhnung (Weaning)
das Potenzial für eine Umstellung auf eine nicht-invasive Beatmung
das Potenzial zur Entfernung der Trachealkanüle (Dekanülierung)
die Möglichkeiten der Therapieoptimierung sowie die jeweils zur Umsetzung notwendigen Maßnahmen.
Für den Fall, dass die Beatmung/Trachealkanüle dauerhaft indiziert oder eine Dekanülierung oder Entwöhnung zum Zeitpunkt der Erhebung nicht möglich oder absehbar ist, sind die konkreten Gründe zu dokumentieren.Wenn keine Aussicht auf eine nachhaltige Besserung besteht und eine Dekanülierung oder Entwöhnung dauerhaft nicht möglich ist, sind Ausnahmen von der Potenzialerhebung möglich. Die Erhebung muss nicht mehr alle 6 Monate, sondern kann aller 12 Monate durchgeführt werden. Sofern innerhalb eines Gesamtverordnungszeitraums von mindestens zwei Jahren zweimal in Folge auf der Grundlage einer unmittelbar persönlichen Erhebung kein Potenzial festgestellt und dokumentiert wurde, kann die Erhebung entfallen.
Die Verordnung von außerklinischer Intensivpflege ist bei beatmeten und trachealkanülierten Versicherten grundsätzlich nur möglich, wenn eine aktuelle Potenzialerhebung vorliegt, die zum Zeitpunkt der Verordnung nicht älter als 3 Monate ist.
Erstverordnung
Die Verordnung kann vom Vertragsarzt für bis zu 5 Wochen erfolgen. In der Regel wird die Erstverordnung der außerklinischen Intensivpflege jedoch im Entlassmanagement für bis zu 7 Tage ausgestellt (und zählt als Erstverordnung). Bei Patienten, die beatmet werden oder eine Trachealkanüle haben, muss bereits im Krankenhaus geprüft werden, ob das Potenzial für eine Entwöhnung beziehungsweise die Entfernung der Kanüle besteht.
Das Krankenhaus ist verpflichtet, den weiterbehandelnden Vertragsarzt rechtzeitig über die Verordnung zu informieren, um einen nahtlosen Übergang zu gewährleisten. Der G-BA hat zudem Regelungen getroffen, die ein strukturiertes gemeinsames Vorgehen von Krankenhaus, Krankenkasse, Patientinnen/Patienten beziehungsweise den Familien und Leistungserbringern vorsehen.
Folgeverordnung
Eine Folgeverordnung kann grundsätzlich für bis zu 6 Monate ausgestellt werden.
Nur bei beatmeten oder trachealkanülierten Patienten, für die keine Aussicht auf nachhaltige Besserung der zu Grunde liegenden Funktionsstörung besteht und für die eine Dekanülierung oder Entwöhnung dauerhaft nicht möglich ist, ist eine Folgeverordnung für bis zu 12 Monate möglich.
Rückseite
Die Rückseite des Verordnungsformulars 62B füllen Versicherte beziehungsweise Pflegedienst aus. Sie ist für den Antrag des Versicherten bei der Krankenkasse vorgesehen und enthält Felder für die Angaben zum Pflegedienst.
Der Behandlungsplan wird der Verordnung beigefügt. Darauf werden spezifische Angaben und konkretisierende Hinweise bezüglich der vereinbarten Behandlungsmaßnahmen dokumentiert.
Der Behandlungsplan ist bei Änderungen (zum Beispiel des Bedarfs, des klinischen Status, der relevanten Kontextfaktoren) zu aktualisieren.
Ergeben sich daraus Änderungen an Inhalt und Umfang der Leistungen der außerklinischen Intensivpflege, ist der Behandlungsplan erneut der Krankenkasse vorzulegen.
Die Potenzialerhebung ist eine durch die KV Sachsen genehmigungspflichtige Leistung.
Informationen zur Antragsstellung und Genehmigung der Leistung durch die Kassenärztliche Vereinigung können Sie einsehen unter dem
Zur Verordnung (auf der Grundlage einer Potenzialerhebung) sind berechtigt:
Hausärzte mit Kompetenzen im Umgang mit beatmeten oder trachealkanülierten Patienten mit Genehmigung der Kassenärztlichen Vereinigung Sachsen www.kvsachsen.de > Für Praxen > Qualität > Genehmigungspflichtige Leistungen > Außerklinische Intensivpflege AKI
Fachärzte mit Zusatzbezeichnung Intensivmedizin/für Innere Medizin und Pneumologie/für Anästhesiologie/für Neurologie/für Kinder- und Jugendmedizin
Fachärzte mit Genehmigung zur Potenzialerhebung. Es wird keine weitere Genehmigung der Kassenärztlichen Vereinigung Sachsen benötigt.
Ärzte können sowohl zur Potenzialerhebung als auch zur Verordnung qualifiziert sein und können beide Aufgaben übernehmen. Ein „Vier-Augen-Prinzip“ besteht für die Fälle, bei denen voraussichtlich langfristig kein Beatmungsentwöhnungs- oder Dekanülierungspotenzial vorliegt und damit auch die regelmäßige Potenzialerhebung nicht notwendig wird. Hier gilt: Wer verordnet, darf nicht das Potenzial erheben und umgekehrt.
Bei Versicherten, die weder beatmungspflichtig noch trachealkanüliert sind, erfolgt die Verordnung durch Fachärzte, die auf die außerklinische Intensivpflege auslösende Erkrankung spezialisiert sind.
Hausärzte benötigen eine Genehmigung, wenn sie außerklinische Intensivpflege nach den neuen Vorgaben der AKI-Richtlinie verordnen wollen.
Die Befugnis zur Verordnung für Hausärzte bedarf der Genehmigung durch die Kassenärztliche Vereinigung Sachsen.
Die fachlichen Anforderungen belaufen sich auf:
einen Nachweis über Kompetenzen im Umgang mit beatmeten oder trachealkanülierten Versicherten
oder die Absicht diese Kompetenzen zu erwerben und innerhalb von sechs Monaten sich anzueignen
die Voraussetzungen sind mittels Zeugnisse und/oder geeigneten Nachweisen zu belegen
Die Kompetenzen können auch durch die Teilnahme an einer CME-Fortbildung der KBV erlangt werden. Die mit bis zu neun CME-Punkten zertifizierte Online-Fortbildung „Außerklinische Intensivpflege“ umfasst drei Teile:
Teil 1 beinhaltet die Module „Krankheitsbilder“ und „Weaning – Beatmungsentwöhnung und Dekanülierung“,
Teil 2 die Module „Hilfsmittel in der außerklinischen Intensivpflege – Beatmungsgeräte und Zubehör“ sowie „Therapieoptimierung“ und
Teil 3 das Modul „besondere Versorgungssituationen“.
Weiterführende Informationen auf der Themenseite der KBV und im Fortbildungsportal der KBV
Der Abschnitt 37.7 wurde in den EBM aufgenommen. Die GOPen für Verordnung, Koordination und Fallkonferenz sind seit 1. Januar 2023 berechnungsfähig.
Weiterführende Informationen auf der Themenseite der KBV
Landesgeschäftsstelle
Bezirksgeschäftsstelle Chemnitz
Bezirksgeschäftsstelle Dresden
Bezirksgeschäftsstelle Leipzig