Die KV Sachsen prüft im Rahmen einer gesetzlichen Pflicht die Erfüllung der Versorgungsaufträge ihrer Mitglieder anhand des zeitlichen Aufwands der abgerechneten Leistungen.

Statement des Vorstandes der KV Sachsen

Dieser gesetzliche Auftrag ist leider sehr formal beschrieben und aus unserer Sicht nur teilweise sinnvoll. Sicher ist es richtig, dort, wo Ärzte und Psychotherapeuten im Vergleich zu ihrer Fachgruppe nur einen geringeren Teil der Patienten versorgen, dies zu hinterfragen und in letzter Konsequenz auch in diesen Fällen den Umfang der Zulassung zu reduzieren. Keinerlei Sinn macht das Ganze jedoch dort, wo wir schon bestehende Versorgungsprobleme haben und sowieso unbegrenzt Neuzulassungen möglich wären. Allerdings interessiert dies den Gesetzgeber nicht. Natürlich werden wir als KV Sachsen pragmatisch vorgehen und die Prüfschwerpunkte dort legen, wo am Ende die Versorgungsprobleme durch das Schaffen freier Stellen beeinflussbar sind.

Unabhängig hiervon wird Ihnen die Arbeitsweise im Folgenden dargestellt.

Aus zahlreichen wissenschaftlichen Erhebungen, z. B. dem Zi-Praxis-Panel (herausgegeben vom Zentralinstitut für die Kassenärztlichen Vereinigungen in Deutschland – Zi), ist bereits bekannt, dass die durchschnittlichen Wochenarbeitszeiten der Vertragsärzte deutlich über 50 Stunden liegen. Somit kann davon ausgegangen werden, dass die Versorgungsaufträge der Vertragsärzte in der Regel erfüllt werden.

Die Ergebnisse der KV Sachsen bestätigen das. Mehr als 90 Prozent der geprüften Vertragsärzte und -psychotherapeuten (im Text Ärzte und Psychotherapeuten genannt) in Sachsen sind bei einem rechnerischen Abgleich ihrer „Ist-Zeiten“ mit einer ermittelten „Soll-Zeit“ nicht auffällig. Bei den Überprüfungen gab es nur sehr wenige Auffälligkeiten, deren Ursache und Abhilfe individuell und gemeinsam mit dem jeweiligen Arzt oder Psychotherapeuten geklärt wurden.

Methodisches Vorgehen bei der Prüfung

Von Seiten der KBV wurden – in Zusammenarbeit mit dem Zentralinstitut für die Kassenärztlichen Vereinigungen in Deutschland (Zi) – „Methodische Hinweise für ein datengestütztes Auffälligkeits-Screening“ erstellt, um damit einen Rahmen für eine bundeseinheitliche Prüfung zu schaffen. Die absolute Referenzgröße für das Screening bilden die in § 19a der Zulassungsverordnung Ärzte (Ärzte-ZV) benannten 25 Stunden Sprechstundenzeit pro Woche, zu deren Zurverfügungstellung alle vollzeitig an der vertragsärztlichen Versorgung teilnehmenden Ärzte und Psychotherapeuten verpflichtet sind.

Ausgang der Prüfung bildet ein Vergleich des arztindividuellen Zeitprofils eines Arztes oder Psychotherapeuten („Ist-Zeit“) mit einem ermittelten Referenzwert je Arztgruppe („Soll-Zeit“) für den jeweiligen Betrachtungszeitraum eines Kalenderjahres.

Die in diesem Zeitraum abgerechneten Leistungen werden mit den entsprechenden Zeiten nach dem Einheitlichen Bewertungsmaßstab (EBM) bewertet. Die Summe der daraus resultierenden Zeiten ergibt das arztindividuelle Zeitprofil („Ist-Zeit“). Der Referenzwert wird wiederum unter Berücksichtigung der Anzahl an Mindestsprechstunden und der Anzahl der Arbeitstage im Betrachtungszeitraum ermittelt, wobei Zeiten für Urlaub und Fortbildung sowie krankheitsbedingter Abwesenheit pauschal angerechnet werden. Weiterhin werden Einzelfallprüfungen von Versorgungsaufträgen durchgeführt, bei denen sich rechnerische Auffälligkeiten ergeben haben.

Maßnahmen bei Auffälligkeit nach Prüfung

Sofern sich – trotz Berücksichtigung von Informationen im Einzelfall – beim Abgleich des individuellen Zeitprofils mit dem Referenzwert eine rechnerische Auffälligkeit ergibt, werden die betreffenden Ärzte und Psychotherapeuten grundsätzlich in einem ersten Schritt schriftlich kontaktiert und um Stellungnahme gebeten. Dabei kann es Gründe für die Auffälligkeit geben, die der KV Sachsen nicht bekannt sind.

Sollte dabei jedoch keine hinreichende Begründung erfolgen, wird seitens der KV Sachsen der persönliche Kontakt gesucht. Im Rahmen eines dokumentierten Gesprächs wird ein Termin vereinbart, zu dem spätestens freie Terminkapazitäten an die Terminservicestelle zu melden sind bzw. anderweitige Maßnahmen zu treffen sind, aus denen eine aktive Anpassung der ärztlichen bzw. psychotherapeutischen Tätigkeit zu erkennen ist. Andernfalls ist ein Disziplinarverfahren möglich.

Darüber hinaus wird in jedem Fall das Leistungsgeschehen über vier weitere Quartale beobachtet. Sofern die bisherigen Maßnahmen seitens des auffälligen Arztes oder Psychotherapeuten nicht oder nur unzureichend umgesetzt wurden und weiterhin eine Auffälligkeit besteht, sind ein Zulassungsentzug oder ein Teilentzug möglich.

Bisherige Ergebnisse

Dass die überwiegende Mehrheit der Ärzte und Psychotherapeuten ihren Versorgungsauftrag erfüllt, zeigt sich auch in den bisherigen Prüfungsergebnissen der KV Sachsen:

Im Betrachtungszeitraum des Jahres 2019 wurden 5.802 Ärzte und 1.175 Psychotherapeuten (einschließlich psychotherapeutisch tätiger Ärzte) und somit insgesamt 6.977 Teilnehmer an der vertragsärztlichen Versorgung geprüft. 6.597 davon waren bei der rechnerischen Überprüfung nicht auffällig. Das heißt, 94,6 Prozent der Teilnehmer an der vertragsärztlichen Versorgung haben ihren Versorgungsauftrag in 2019 umfassend erfüllt. Lediglich 380 Ärzte und Psychotherapeuten und damit 5,4 Prozent der geprüften Teilnehmer hatten den Referenzwert unterschritten. Nach einem zusätzlichen Abgleich weiterer individueller Informationen verblieben 52 Ärzte und Psychotherapeuten, die zunächst um Stellungnahme gebeten wurden. Nach deren Bewertung wurde in einigen Fällen ein persönlicher Kontakt gesucht, wobei durch eine zielgerichtete und individuelle Beratung darauf hingewirkt wurde, dass die Versorgungsaufträge im entsprechenden Umfang zu erfüllen oder anzupassen sind.

Im Betrachtungszeitraum des Jahres 2020 wurden 5.792 Ärzte und 1.197 Psychotherapeuten (einschließlich psychotherapeutisch tätiger Ärzte) und somit 6.989 Teilnehmer an der vertragsärztlichen Versorgung geprüft. 6.338 davon waren bei der rechnerischen Überprüfung nicht auffällig. Das heißt, 90,7 Prozent der Teilnehmer an der vertragsärztlichen Versorgung haben ihren Versorgungsauftrag in 2020 umfassend erfüllt. 651 Ärzte und Psychotherapeuten und damit 9,3 Prozent der geprüften Teilnehmer hatten hingegen ihren Referenzwert unterschritten. Auch im Betrachtungszeitraum 2020 wurden individuelle Gründe, die zu einer Auffälligkeit geführt haben, berücksichtigt. Im Ergebnis wurde bei 102 Teilnehmern an der vertragsärztlichen Versorgung – darunter 36 Ärzte und 66 Psychotherapeuten – eine auffällige Unterschreitung des Referenzwertes ohne plausible Erklärung festgestellt. Das entspricht 1,5 Prozent der geprüften Ärzte und Psychotherapeuten.

Zum Hintergrund

Nach § 95 Abs. 3 SGB V bewirkt die Zulassung eines Vertragsarztes oder -psychotherapeuten, dass dieser zur Teilnahme an der vertragsärztlichen bzw. -psychotherapeutischen Versorgung im Umfang des sich aus der Zulassung folgenden – zeitlich vollen oder hälftigen – Versorgungsauftrags nicht nur berechtigt, sondern auch verpflichtet ist. Entsprechendes gilt für die Zulassung von MVZ und Anstellungen. Zur Unterstützung des mit der Errichtung einer Terminservicestelle (vgl. § 75 Abs. 1a SGB V) verfolgten Ziels einer Reduzierung der Wartezeiten für Patienten wird zusätzlich klargestellt, dass die Kassenärztlichen Vereinigungen insbesondere anhand der ihnen vorliegenden Leistungsdaten zu prüfen haben, ob Ärzte und Psychotherapeuten den sich aus ihrer Zulassung ergebenden Versorgungsauftrag erfüllen.

Vom Gesetzgeber wurde somit konkretisiert, dass eine Prüfung von gemeldeten Sprechzeiten sowie der telefonischen Erreichbarkeit von Praxen nicht ausreichend ist. Die Prüfung soll bundeseinheitlich, insbesondere anhand der abgerechneten Fälle und anhand der GOPs mit den Angaben für den zur ärztlichen Leistungserbringung erforderlichen Zeitaufwand nach § 87 Abs. 2 Satz 1 2. Halbsatz SGB V und somit anhand des Einheitlichen Bewertungsmaßstabes (EBM) geprüft werden. Ergebnisse der Prüfung sowie eine Übersicht der getroffenen Maßnahmen sind den Landes- und Zulassungsausschüssen sowie der zuständigen Aufsichtsbehörde bis zum 30. Juni eines Jahres zu übermitteln.