Bericht von der 79. Vertreterversammlung der KV Sachsen am 8. Dezember 2021

Aufgrund der Corona-Pandemie und damit einhergehender Einschränkungen fand die 79. Vertreterversammlung wiederum als Hybrid-Veranstaltung statt. Die Vertreter tagten unter Beachtung entsprechender Hygienemaßnahmen und des Infektionsschutzes (2G-Regel) in den einzelnen Bezirksgeschäftsstellen sowie in der Landesgeschäftsstelle und kommunizierten per Videoübertragung. Zu den Hauptthemen der Tagesordnung zählten neben den Geschäftsberichten die Bekämpfung der Corona-Pandemie, die Änderung der Bereitschaftsdienstordnung und des HVM sowie die Verabschiedung des Haushaltes 2022.

Der Vorsitzende der Vertreterversammlung, Dr. Stefan Windau, begrüßte die Vertreter und Gäste. Anschließend wurde die Beschlussfähigkeit festgestellt.

Bericht des Vorsitzenden der Vertreterversammlung

Dr. Windau zog eine kurze Zwischenbilanz zur Corona-Situation. Der ehemalige Bundesgesundheitsminister Jens Spahn stehe exemplarisch dafür, wie man Vertrauen zerstöre, sagte er. Die Situation in den sächsischen Arztpraxen sei derzeit auch wegen politischer Fehlentscheidungen und kontraproduktiver Verlautbarungen sehr angespannt, so Dr. Windau. Die meisten Ärzte wollen impfen, jedoch wurden die Praxen förmlich überrannt, kaum dass es hieß „Boostern für alle!“ Nur wenig später wurde der Biontech-Impfstoff kontingentiert, zusätzlich verbreitete der Ex-Gesundheitsminister die Behauptung, Moderna-Impfstoff drohe zu verfallen – und die Menschen wurden wieder einmal verunsichert. „So zerstört man Vertrauen!“, sagte Dr. Windau. Er nehme eine Entfremdung von der Basis wahr, sagte er weiter, und das Misstrauen der Politik frustriere die Ärzteschaft, die so viel leistet.

Außerdem habe Spahn der niedergelassenen Ärzteschaft noch ein – zweifelhaftes – Weihnachtsgeschenk hinterlassen: Drei Millionen Dosen Biontech wurden zusätzlich geordert. Aber statt sie paritätisch aufzuteilen, sollen sie nur den Impfzentren zur Verfügung stehen! Das solle keine Kritik an den Impfzentren sein, aber der Impfstoff fehle dann in den Praxen. „Da arbeiten hochmotivierte Teams, bieten auch außerhalb der Sprechzeiten und am Wochenende Impftermine an – und dann diese frustrierende Botschaft. Deshalb meine eindringliche Bitte an unser sächsisches Sozialministerium: Ordern Sie ausreichend Impfstoff und verteilen Sie ihn sachgerecht!“, so Dr. Windau.

Das Thema Vertrauen bereite ihm persönlich große Sorgen, sagte er weiter. Es gehe nicht nur ums Impfen oder die Corona-Maßnahmen, es gehe auch darum, dass Menschen verstanden werden möchten. Er habe Angst vor der Spaltung der Gesellschaft und stehe damit sicher nicht allein. Hier müsse die Politik dringend handeln!

Geschäftsbericht des Vorstandsvorsitzenden

Der Vorstandsvorsitzende der KV Sachsen, Dr. Klaus Heckemann, betonte in seinem Geschäftsbericht die Bedeutung des Impfens gegen Corona. Ein Vergleich der in Impfzentren oder von mobilen Teams vorgenommenen Impfungen mit denen der niedergelassenen Ärzte zeige, dass der Hauptanteil von den Niedergelassenen geleistet werde. „Wenn wir beizeiten hätten boostern können, dann wären Ende Dezember/Anfang Januar wieder Kapazitäten frei“, ist seine Überzeugung. Auch eine Priorisierung wie im Frühjahr hätte den Ansturm dämpfen können, so dass wieder Ältere und Gefährdete zuerst ihre Auffrischung erhalten, und nicht diejenigen, die clever mit Handy und PC umgehen können. Dass die Politik die Impfzentren voraussichtlich bis Ende Mai ausbauen will, halte er für keine gute Idee. Es entstünden immense Kosten – allein für Sachsen mehrere 100 Millionen Euro – und ein riesiger zusätzlicher Organisationsaufwand, auch für die KV Sachsen.

Genau wie Dr. Windau kritisierte auch er die Äußerungen vom bis dahin geschäftsführenden Bundesgesundheitsminister Jens Spahn, der den Biontech-Impfstoff mit fadenscheinigen bis gelogenen Begründungen kontingentierte. „Hier kann man schon fast von Sabotage sprechen!“, so Dr. Heckemann.

In der anschließenden Diskussion beklagten einige Ärzte, dass manche ihrer Kollegen weder testen noch impfen. Dr. Sylvia Krug, die stellvertretende Vorstandsvorsitzende der KV Sachsen, ergänzte, dass sich etwa 88 Prozent der Hausärzte und reichlich 20 Prozent der Fachärzte am Impfprozess gegen Corona beteiligen.

Lob gab es aus dem Sächsischen Sozialministerium von Referatsleiterin Andrea Keßler. Sie richtete einen großen Dank an alle niedergelassenen Ärzte und deren Praxisteams, die sich aktiv der Corona-Pandemie entgegenstellen. Es sei eine tolle Leistung der rund 2.400 Praxen, sagte sie, auch wenn es gern mehr sein könnten. Sie bestätigte, dass sowohl Sachsens Ministerpräsident Michael Kretschmer als auch Sozialministerin Petra Köpping nichts unversucht ließen, um zuverlässige Impfstofflieferungen zu ermöglichen. Bezüglich der Impfzentren sei man dabei, die Impfstrategie zu ändern. Sie betonte, dass der Versorgungsauftrag an erster Stelle stehe und damit eine Tätigkeit in der Praxis einer Tätigkeit in einem Impfzentrum vorgehen müsse.

Ende des Not-HVM und Änderung des HVM

Unabhängig vom Stand der Pandemie bzw. von der bundesgesetzlichen Feststellung der pandemischen Lage endet der Not-Honorarverteilungsmaßstab am 31. Dezember 2021. Damit entfallen Ausgleichszahlungen und pandemiebedingte Förderungen. Mit dem neuen Honorarverteilungsmaßstab (HVM) gehen umfassende Neustrukturierungen einher. Dr. Heckemann erläuterte die wesentlichen Änderungen. Folgende Abstimmungen standen dazu auf der Tagesordnung:

  • Abstaffelung der Förderung der Versichertenpauschalen im Hausarztbereich

  • Bildung von QZV im Bereich der Radiologen und der Nuklearmediziner

  • Weiterführung von Förderungen im Zusammenhang mit der Corona-Pandemie

  • Weiterführung des Zuschlags für vergleichsgruppengleiche Kooperationen im fachärztlichen Versorgungsbereich

Alle Anträge wurden mehrheitlich angenommen.

Förderung von Ärzten in Weiterbildung

Frau Dr. Krug stellte die Änderung der Durchführungsbestimmungen zur Förderung von Ärzten in Weiterbildung vor. Nach zwischenzeitlich gestelltem Antrag auf Nichtbefassung beschlossen die Vertreter, die Abstimmung zu verschieben. Um eine hohe Qualität der Weiterbildung zu sichern, wurde noch weiterer Abstimmungsbedarf mit der Sächsischen Landesärztekammer gesehen. Die Abstimmung wird im Umlaufverfahren nachgeholt.

Änderung der Bereitschaftsdienstordnung

Im Verlauf der Bereitschaftsdienstreform, die im Oktober 2021 abgeschlossen wurde, hatte sich Änderungsbedarf an der Bereitschafts-dienstordnung (BdO) ergeben. Der Vorsitzende der Bereitschaftsdienstkommission, Dipl.-Med. Peter Raue, erläuterte die Änderungen. So ergibt sich auch für Hausärzte auf Probe ein Anrechnungsfaktor für die Verpflichtung zur Teilnahme am ärztlichen Bereitschaftsdienst. Einige neue Regelungen betreffen Ärzte, die eine Tätigkeit als beratender Arzt für die Ärztliche Vermittlungszentrale der KV Sachsen ausüben. Für den Hausbesuchsdienst wurde festgelegt, dass der eingeteilte Arzt während der gesamten Dienstzeit erreichbar sein muss und ein Anrufbeantworter dafür nicht ausreicht. Neu aufgenommen wurde zudem eine Passage, dass in außergewöhnlichen Situationen, wie einer Epidemie oder Katastrophenlage, auch abweichend von den üblichen Bestimmungen der BdO geeignete Maßnahmen vom Vorstand der KV Sachsen getroffen werden können. Die neue BdO wurde mehrheitlich angenommen und trat am 1. Januar 2022 in Kraft.

Haushalt und Rechnungsabschluss

Im nichtöffentlichen Teil trug der Vorsitzende des Finanzausschusses, Dr. Hagen Bruder, die Jahresrechnung 2020 vor. Die Vertreter stimmten den entsprechenden Anträgen und auch der Entlastung des Vorstandes für das Geschäftsjahr 2020 einstimmig zu. Anschließend stellte er den Haushalt 2022 vor. Dieser wurde mit großer Mehrheit angenommen.

Resolutionen

Vor dem Hintergrund einer notwendigen Steigerung der Impfquote in Sachsen brachte Dr. Barbara Teichmann, Ärztliche Leiterin der Bezirksgeschäftsstelle Leipzig, eine Resolution zur Steigerung der Impfbereitschaft in der Bevölkerung ein. Außerdem stimmten die Vertreter über eine Resolution zur Digitalisierung ab, um auf den höheren Zeit- und technischen Aufwand in den Praxen aufmerksam zu machen, der sich nicht positiv auf die Patientenbetreuung auswirkt. Die dritte Resolution wandte sich an die Kassenärztliche Bundesvereinigung zur Reduzierung von Kassenregressen, damit Ärzte und Psychotherapeuten nicht unangemessen belastet werden und vor allem, dass daraus kein Geschäftsmodell für Dritte entsteht. Die drei Resolutionen wurden einstimmig angenommen.
Zum Abschluss sprach Dr. Windau allen, die an der aufwendigen Organisation dieser Veranstaltung beteiligt waren, Dank und Anerkennung aus.