Die Kampagne des Bundesministeriums für Bildung und Forschung (BMBF) „Lesen & Schreiben – mein Schlüssel zur Welt“ informiert derzeit in Hausarztpraxen über spezielle Beratungs- und Lernangebote.

Es geht dabei auch um Gesundheitsrisiken für Menschen, die nicht lesen und schreiben können, und wie Ärzte damit umgehen können.

Mehr als 6,2 Millionen Erwachsene in Deutschland können nicht ausreichend lesen und schreiben. Menschen mit Lese- und Schreibschwierigkeiten versuchen Situationen, in denen sie lesen und schreiben müssen, zu vermeiden oder anders zu lösen. Das macht es für Außenstehende häufig schwer, zu erkennen, ob jemand nicht ausreichend lesen oder schreiben kann. Auch in der Arztpraxis gibt es verschiedene Anzeichen dafür, dass Patientinnen oder Patienten möglicherweise Probleme damit haben. Zudem zeigen Studien, dass Menschen mit geringen Lese- und Schreibkompetenzen überdurchschnittlich oft ihren Hausarzt aufsuchen. Folgende Anzeichen können darauf hindeuten, dass Ihr Patient Schwierigkeiten mit dem Lesen und Schreiben hat:

  • Schriftliche Informationen werden nicht verstanden. Ihr Patient erscheint zu spät zum Termin oder gar nicht. Er nimmt Medikamente nicht richtig ein oder folgt dem ärztlichen Rat nicht ausreichend.

  • Patienten ziehen es vor, Formulare zu Hause auszufüllen oder zu lesen. Oder sie führen einen Vorwand an, um dem Lesen und Schreiben aus dem Weg zu gehen, z. B. Brille vergessen, Schmerzen an Händen oder Armen, Schrift nicht gut lesbar.

  • Patienten weisen eine hohe Fehlerquote in selbstverfassten, auch kurzen Texten auf. Sie zeigen eine Neigung, nach Gehör zu schreiben. Ihre Schrift ist unsicher oder sogar krakelig – wie die von Kindern in den ersten Schuljahren.

Wie spreche ich den Patienten richtig an?

Für ein gelungenes Gespräch gibt es kein Patentrezept – denn jeder fühlt oder reagiert anders. Hier finden Sie ein paar Tipps, wie Sie das Gespräch mit Ihrem Patienten vorbereiten können:

  • Gesprächsbereitschaft zeigen: Unerwartet auf die eigenen Lese- und Schreibprobleme angesprochen zu werden, kann stark verunsichern. Deshalb ist es möglich, dass das Gespräch nicht so gut verläuft, wie erhofft, und die betroffene Person ihre Schwierigkeiten abstreitet. Bleiben Sie verständnisvoll und bieten Sie Ihre Unterstützung an – auch zu einem späteren Zeitpunkt.

  • Zeit nehmen: Nicht gut lesen und schreiben können – das kann ein Geheimnis sein, das Menschen über Jahre oder sogar Jahrzehnte mit sich herumtragen. Vielleicht sind Sie die erste Person, der sich Ihr Patient anvertraut. Nehmen Sie sich Zeit und planen Sie ein entsprechendes Zeitfenster für den Termin ein.

  • Aufklären: Wer Lese- und Schreibprobleme hat, fühlt sich in einer Welt voller Texte oft isoliert. Dabei hat jeder achte Erwachsene Schwierigkeiten beim Lesen und Schreiben. Versichern Sie dem Patienten: Er ist nicht allein!

  • Mut machen: Im Erwachsenenalter Neues zu lernen, erfordert viel Durchhaltevermögen. Vermitteln Sie, dass es sich lohnt: Machen Sie an konkreten Beispielen fest, wie eine bessere Lese- und Schreibfähigkeit die eigene Gesundheit positiv beeinflussen kann.

Bundesweit erhalten seit Anfang September 8.000 Hausarztpraxen Plakate, Flyer und Postkarten mit Informationen zu Hilfs- und Lernangeboten. Ärztinnen und Ärzte werden in einem begleitenden Brief informiert, wie sie Erwachsene mit Lese- und Schreibschwierigkeiten erkennen, ansprechen und ermutigen können. Materialien können kostenlos auch unter u. g. Link bestellt werden.