Wir setzen auf Kommunikation mit allen Akteuren: sachlich, diplomatisch, gut vernetzt

und immer im ­Interesse der sächsischen Ärzteschaft!

Liebe Kolleginnen und Kollegen,

schon in den 80er-Jahren verglich der CDU-Politiker Norbert Blüm die deutsche Gesundheitspolitik mit einem „Wasserballett im Haifischbecken“. Was nicht verwundert, musste er sich als damaliger Minister für Arbeit und Sozialordnung doch selbst mit den Tücken des Systems herumschlagen. Als KV sind wir Bewohner dieses Haifischbeckens. Für das Ballett sorgen die unterschied-lichsten Akteure aus Politik und Wirtschaft, der Krankenkassen, Krankenhäuser und Gesundheitseinrichtungen aller Art, die Patienten und die verschiedenen Ärztegruppen: die Vertragsärzte im haus- und fachärztlichen Bereich sowie die angestellten Ärzte, dazu die Berufsverbände und weitere Institutionen. Das Ballett ist bunt – und steht für Interessenvielfalt und auch Interessenskollisionen. Sie alle können kaum synchron und schon gar nicht harmonisch agieren. Umso wichtiger ist es, wie wir uns als KV positionieren.

Die KV Sachsen ist die Interessenvertretung der ambulant tätigen Ärzte und Psychotherapeuten, mit vielen Partnern sowie unter-schiedlichsten Themen und Interessen. Grabenkämpfe zwischen Haus- oder Fachärzten oder Facharztgruppen wird es mit uns nicht geben. Wir setzen auf Kommunikation mit allen Akteuren: sachlich, diplomatisch, gut vernetzt und immer im Interesse der sächsischen Ärzteschaft!

Die Gesundheitspolitik tangiert die gesamte Gesellschaft. Es geht um die wichtigsten Güter: Gesundheit und Leben. Gerade in den letzten Jahren wurde uns dies sehr drastisch vor Augen geführt.
Fast schon ein Jahr dauert jetzt der russische Angriffskrieg auf die Ukraine. Die Hoffnung auf ein schnelles Ende hat sich nicht erfüllt, und von den Auswirkungen auf den Energiesektor sind wir alle sowohl privat als auch beruflich betroffen. Die niedergelassenen Praxen müssen in die geplanten staatlichen Härtefallregelungen aufgenommen werden! Leider verstärkt sich der Eindruck, dass die Arbeit der niedergelassenen Ärzte und der angestellten Kollegen im ambulanten Bereich von der Politik nicht wirklich wahrgenommen und geschätzt wird. Natürlich ist es richtig und wichtig, Krankenhäuser und Pflegeeinrichtungen zu unterstützen, aber die Praxen dürfen hierbei nicht einfach außen vorgelassen werden. Hier arbeiten wir eng mit der KBV zusammen, die ihren Einfluss sowohl gegenüber dem Bundesgesundheitsministerium als auch gegenüber dem GKV-Spitzenverband geltend macht.

Die Honorarverhandlungen mit dem GKV-Spitzenverband verdienen diesen Namen schon lange nicht mehr, denn es geht weniger um ärztliche Honorare als um die Anpassung der Finanzierung von Leistungen. Die KBV wird mit Nachdruck eine neue Systematik einfordern und auch Klage gegen die Festsetzung des Orientierungswertes für 2023 einlegen, der angesichts der hohen Inflationsrate mit zwei Prozent viel zu gering angesetzt wurde – gegen die Stimmen der KBV. Und wieder passt das Bild vom Haifischbecken: Dem Ballett wird unglaublich viel abverlangt.
Gerade die Ärzteschaft trifft die Energiekrise hart in einer Zeit, in der ein Aufatmen nach den zahllosen Herausforderungen der Corona-Pandemie wünschenswert gewesen wäre. Dabei ist die Arbeit rund um das Testen, Impfen und Behandeln noch nicht vorbei. Die kurzfristige Ankündigung im G-BA, die Corona-Schutzimpfung ab Januar 2023 mit einer Übergangszeit bis 7. April 2023 in die Regelversorgung zu überführen, sorgt für neue Unklarheiten, weil dafür erst Rahmenbedingungen geschaffen werden müssen.

Doch schauen wir nach vorn. Die Vertreterversammlung der KV Sachsen hat sich neu konstituiert und den Vorsitzenden sowie den Vorständen erneut ihr Vertrauen ausgesprochen. Dafür bedanke ich mich herzlich. Vor uns liegen zahlreiche Aufgaben, es gibt aber noch offene Baustellen aus der alten Legislatur.

Wir stehen als KV Sachsen in der Pflicht, die ambulante ärztliche Versorgung zukunftssicher zu gestalten – das bedeutet auch, das Konstrukt der Gesundheitsversorgung neu zu denken. Neue Ideen für Konzepte der medizinischen Versorgung sind zu entwickeln und auf den Prüfstand zu stellen. Fatal sind kostenintensive Parallelstrukturen, wie die durch die Bundesebene geplanten „Gesundheitskioske“ oder wenn monetäre Beweggründe renditegetriebener Investoren die medizinische Versorgung bestimmen.

Unser Ziel ist es, neue Angebote dort zu etablieren, wo es sinnvoll ist. Hier sind wir bereits dabei, neue Wege zu gehen: z. B. mit telemedizinischen Projekten in Regionen mit einer geringen Dichte an Arztpraxen. Hier sind beispielhaft die Mobile Untersuchungs- und Behandlungseinheit MUBE und die telemedizinische Betreuung von Patienten mit Glaukom bzw. Diabetes in der Region Zschopau zu nennen. Auch den Ausbau der intersektoralen Zusammenarbeit werden wir intensivieren. Hier sei als Beispiel die Kooperation mit vier Krankenhäusern in Westsachsen erwähnt, wo gemeinsam mit den niedergelassenen Ärzten und der KV Sachsen ein ambulantes Versorgungs- und Weiterbildungszentrum (AVWZ) für die Augenheilkunde gegründet wurde.
Generell werden wir uns als KV Sachsen stärker für eine Vernetzung der Versorgung einsetzen, denn in absehbarer Zeit werden wir mit weniger Ärzten den Sicherstellungsauftrag erfüllen müssen.
Eine weitere Aufgabe ist der Abbau von Bürokratie. Dies gestaltet sich, wie Sie wissen, sehr schwierig. Hier wollen wir an Stellen, wo es uns möglich ist, zumindest eine Eindämmung erreichen. Trauriges Beispiel ist derzeit die Einführung der eAU. Pro Fall verursacht das digitale Verfahren 50 Sekunden mehr bürokratischen Aufwand als die papiergebundene Bescheinigung, hatte kürzlich der Leiter des Nationalen Zentrums für Bürokratiekostenabbau, Professor Volker Wittberg, konstatiert. Bei jährlich etwa 90 Millionen bundesweit ausgestellten eAU summiert sich dies auf 1,25 Millionen Stunden mehr Bürokratie in den Praxen. Was für eine Verschwendung!

Natürlich gibt es auch Projekte innerhalb der KV Sachsen. Wir arbeiten auf Verwaltungsseite daran, Strukturen so zu verändern, dass die Arbeit effizienter gestaltet wird und Ressourcen freigesetzt werden, um den Service für Ärzte weiter zu verbessern und zukünftige Aufgaben besser zu bewältigen. Wir arbeiten an einer intensiveren Vernetzung der regionalen Standorte und erweitern unser Kommunikationsspektrum.

Lassen Sie uns gemeinsam diese Projekte angehen, mit Verständnis, Vertrauen und Optimismus – und den Haifischen Paroli bieten.
Einen guten Jahresauftakt und die besten Wünsche für das Jahr 2023

Ihre Sylvia Krug