In diesem Jahr tagte der Deutsche Ärztetag, das Parlament der deutschen Ärzteschaft, vom 16. bis 19. Mai 2023 in Essen.

Zum 127. Deutschen Ärztetag reisten rund 1.000 Gäste aus allen Bundesländern an. Aus Sachsen nahmen zwölf Delegierte teil. In Essen wurden u. a. die Themen „Freiheit und Verantwortung in der ärztlichen Profession“, „Gesundheitsbildung an Schulen“ sowie „Klimawandel und Gesundheit“ behandelt.
 
Essener Resolution für Freiheit und Verantwortung in der ärztlichen Profession

In einer mit überwältigender Mehrheit beschlossenen Resolution stellte der 127. Deutsche Ärztetag klar: „Die individuelle Behandlung nach den Regeln der ärztlichen Kunst erfordert Rahmenbedingungen, die eine freie Berufsausübung sicherstellen.“ Unzureichende finanzielle und personelle Ressourcen trotz steigendem Behandlungsbedarf und staatsdirigistische Eingriffe in die Selbstverwaltung führten derzeit zu enormer Arbeitsverdichtung und vielfach auch Überlastung der Berufe im Gesundheitswesen. Umso wichtiger sei der frühzeitige Einbezug des ärztlichen Sachverstandes in alle gesundheitspolitischen Reformvorhaben und in deren Umsetzung. „Die Landesärztekammern und die Bundesärztekammer als ihre Arbeitsgemeinschaft bündeln diesen medizinisch-fachlichen Sachverstand und das ärztliche Versorgungswissen aus allen Versorgungsbereichen und Fachgebieten“, heißt es in der Resolution.

Forderung nach bundesweiter Strategie zur Gesundheitsbildung an Schulen

Konkret forderte der Ärztetag die Kultusministerkonferenz auf, eine länderübergreifend abgestimmte Strategie zu entwickeln, mit der die Förderung der Gesundheitskompetenz von Erziehungs- und Bildungseinrichtungen nachhaltig verankert werden kann. Neben Fortbildungen für das Schulpersonal seien Mustercurricula und fächerübergreifende Lehr- und Unterrichtsmaterialien notwendig. Systematisch entwickelt werden müssten Lerninhalte zu Themen wie Ernährung, Bewegung, Sexualität, psychische Gesundheit, Verhalten im Notfall, Hitzeschutz, Klimawandel und Gesundheit, aber auch zur angemessenen Inanspruchnahme von Gesundheitsleistungen. Die Krankenkassen stehen nach Auffassung der Ärztetagsabgeordneten in der Pflicht, Ernährungsberatungen und Bildungsangebote niederschwellig anzubieten.

Bedingungen für Medizinstudierende im Praktischen Jahr verbessern

Zukünftige Ärztinnen und Ärzte bedürfen einer modernen und praxisnahen Ausbildung an Patientinnen und Patienten. Die Umsetzungsfrist der Reform auf 2027 zu verschieben, sei „nicht hinzunehmen“, hatte das Ärzteparlament festgestellt. Im Rahmen des Reformprozesses müssten zudem die Bedingungen der Medizinstudierenden im Praktischen Jahr verbessert werden. Dazu gehöre zwingend, zwischen Krankheitstagen und Fehlzeiten zu differenzieren und eine faire und bundesweit einheitliche Mindestaufwandsentschädigung der Medizinstudierenden im Praktischen Jahr einzuführen.

Bundesfonds für klimagerechtes Gesundheitswesen gefordert

Die Abgeordneten sprachen sich dafür aus, eine klimafreundliche Versorgung im GKV-System zu ermöglichen. Dazu sollten die sozialgesetzlichen Regelungen so angepasst werden, dass Untersuchungs-, Behandlungs- und Verordnungsmaßnahmen, die dem Klimaschutz hinreichend Rechnung tragen, nicht durch das Wirtschaftlichkeitsgebot behindert werden. Krankenhäuser, Medizinische Versorgungszentren, Arztpraxen und alle weiteren Leistungserbringer müssten in die Lage versetzt werden, ihre baulich-technische Ausstattung klimafreundlich anzupassen. Dies setze erhebliche Investitionen voraus, die in den bisherigen Finanzierungsmechanismen nicht abgebildet sind. Erforderlich sei deswegen ein sektorenübergreifender Bundesfonds „Klimagerechtes Gesundheitswesen“. Der Ärztetag mahnte zudem konkrete Maßnahmen zum Hitzeschutz an. Dieser dürfe nicht bei Absichtserklärungen stehenbleiben.

Führungsspitze der Bundesärztekammer für die kommenden vier Jahre gewählt

Der 127. Deutsche Ärztetag wählte Dr. Klaus Reinhardt erneut zum Präsidenten der Bundesärztekammer. Der 62-jährige Allgemeinmediziner aus Bielefeld steht damit für weitere vier Jahre an der Spitze der deutschen Ärzteschaft. Reinhardt konnte sich im ersten Wahlgang mit 125 zu 122 Stimmen gegen seine Mitbewerberin aus dem Bundesärztekammer-Vorstand, Dr. Susanne Johna, durchsetzen. In ihrem Amt als Vizepräsidentin bestätigt wurde die 72-jährige Fachärztin für Hals-Nasen-Ohrenheilkunde Dr. Ellen Lundershausen. Sie arbeitet seit 1991 in Erfurt als niedergelassene HNO-Ärztin. Seit 2015 ist Lundershausen Präsidentin der Landesärztekammer Thüringen. Von 2008 bis 2020 war sie Vizepräsidentin des Deutschen Berufsverbandes der HNO-Ärzte. Neu ins Amt der Vizepräsidentin gewählt wurde Dr. Susanne Johna. Sie arbeitet als Oberärztin für Krankenhaushygiene am St. Josefs-Hospital in Rüdesheim. Seit 2016 ist Johna Mitglied im Vorstand der Bundesärztekammer und seit November 2019 Erste Vorsitzende des Marburger Bundes Bundesverband.

129. Deutscher Ärztetag in zwei Jahren findet in Leipzig statt

Im Rahmen des 127. Deutschen Ärztetages wurde auch die Entscheidung für den Tagungsort 2025 getroffen. Sachsen hatte sich mit Leipzig um die Austragung des 129. Deutschen Ärztetag beworben, dem das Ärzteparlament zustimmte. Damit findet er erneut genau 100 Jahre nach dem letzten Deutschen Ärztetag in Leipzig statt. Zuletzt tagte in Sachsen ein Deutscher Ärztetag 1993 sowie 2010, damals jeweils in Dresden.

Der Deutsche Ärztetag, das Parlament der deutschen Ärzteschaft, ist die Hauptversammlung der Bundesärztekammer und findet in der Regel einmal jährlich an wechselnden Orten statt. Die 17 deutschen Ärztekammern entsenden insgesamt 250 Delegierte zum Deutschen Ärztetag. Sie erarbeiten und verabschieden länderübergreifende Regelungen zum Berufsrecht, z. B. Muster-Berufs- und Muster-Weiterbildungsordnung, und veröffentlichen Positionen zu aktuellen gesundheits- und sozialpolitischen Themen.

Informationen

www.baek.de