Der Heidelberger Mediziner und Universitätsrektor Wilhelm Bernhard Nebel leistete einen frühen Beitrag zur Pockenforschung deutscher Provenienz.

 

Vor dem Hintergrund des medienwirksamen Auftretens der sogenannten „Affenpocken“ (Mpox) im vergangenen Jahr blicken wir auf einen Vorreiter auf dem Gebiet der Pockenimmunisierung zurück: Der weitgehend vergessene Heidelberger Mediziner und Universitätsrektor Wilhelm Bernhard Nebel (1699 bis 1748) leistete einen frühen Beitrag zur Pockenforschung deutscher Provenienz.

Am 26. Oktober 1976 verkündete die Weltgesundheitsorganisation (WHO) offiziell die Ausrottung der Pocken, einer potentiell lebensbedrohlichen Infektionskrankheit, die jahrhundertelang als „Geißel der Menschheit“ in Europa und andernorts wütete. Erst mit der erfolgreichen Immunisierung durch den „Kuhpockenimpfstoff“ des britischen Arztes Edward Jenner (1749 bis 1823) gelang der ersehnte Durchbruch im Kampf gegen die Krankheit. Auch in den deutschen Ländern grassierten immer wieder auftretende Pockenepidemien in der Bevölkerung. Eine Tatsache, die hierzulande die Forschung drängte, sich mit den Möglichkeiten der präventiven Immunisierung wissenschaftlich auseinanderzusetzen. Der Heidelberger Mediziner Wilhelm Bernhard Nebel leistete dabei mit seinen Arbeiten zur Inokulation der Pocken („De insitione variolarum“, 1729 und „De variolis“, 1731) als einer der Ersten unter den deutschen Medizinern einen frühen Beitrag auf dem Gebiet der Pockenforschung weit vor den Experimenten Jenners.

Spross einer Heidelberger Gelehrtenfamilie

Als Sohn des Heidelberger Medizinprofessors Daniel Nebel (1664 bis 1733) im Jahr 1699 in Marburg geboren, war dem jungen Wilhelm Bernhard eine universitäre Laufbahn bereits fest vorbestimmt, entstammte er doch einer angesehenen Gelehrtendynastie mit weitreichendem akademischen Renommée. Er studierte an den Universitäten von Straßburg, Genf, Lausanne und Basel, wo er 1719 zunächst zum Doktor der Philosophie und 1721 in Heidelberg schließlich zum Doktor der Medizin promovierte.

Nach seiner anschließenden Lehrtätigkeit an der Hohen Schule zu Herborn folgte Nebel 1728 dem Ruf an die Universität in Heidelberg, wo er bis 1748 an der medizinischen Fakultät lehrte. In den Jahren 1737 sowie 1745 wählte man ihn gar zum Rektor der Universität. Mit dem Engagement an seiner Heidelberger Alma Mater wurde Nebel zugleich zum Leibarzt der pfälzischen Kurfürsten Karl III. Philipp sowie später Karl Theodor berufen. Letzteren heilte er mutmaßlich von einer Pockeninfektion, wie in einschlägigen Beiträgen zu Nebel hin und wieder kolportiert wird.

Nicht zuletzt aufgrund seiner universellen Begabung und seiner naturwissenschaftlichen Kenntnisse wurde Nebel mit nur 24 Jahren unter dem Beinamen „Achilles III.“ als Mitglied in die bedeutende Deutsche Akademie der Naturforscher Leopoldina aufgenommen. Als Wilhelm Bernhard Nebel 1748 in Heidelberg starb, hinterließ er nicht weniger als fünfzehn Dissertationen.

Pionierleistung in der Pockenforschung

Mit seinen frühen wissenschaftlichen Beiträgen gehörte Nebel zweifelsohne zu den Pionieren der Pockenforschung im deutschsprachigen Raum des 18. Jahrhunderts. Doch sein größtes Verdienst besteht vor allem darin, mit seinen Forschungen den Weg für die bahnbrechende Entdeckung der Pockenimmunisierung mitbereitet zu haben – ein unbestrittener Gewinn für die Menschheit, der auch heute noch nicht hoch genug bewertet werden kann.
Angesichts des in den Jahren der Corona-Pandemie enorm präsenten Themas „Impfung“ in Medien und Gesellschaft und des in diesem Zusammenhang vielbeachteten Infektionsgeschehens der sogenannten „Affenpocken“ (Mpox) sei an dieser Stelle an die Errungenschaft der Immunisierung gegen gefährliche Viruserkrankungen wie die Pocken erinnert.