"Wer über ein Mindestmaß an Humanität und historischer Bildung verfügt, kann hier nicht wegsehen."

Liebe Kolleginnen und Kollegen,

die Postanschrift der Bundesärztekammer und der Kassenärztlichen Bundesvereinigung in Berlin ist Herbert-Lewin-Platz 1 bzw. 2.

Herbert Lewin war ein jüdischer Arzt in Köln. Er überlebte den Holocaust und war von 1963 bis 1969 Vorsitzender des Zentralrates der Juden in Deutschland.

Es ist gut, dass die BÄK und die KBV auch die neue Adresse nach dem Umzug von Köln nach Berlin im neu gebauten Areal so benennen konnten.

Man muss nicht unbedingt den ritualisierten und institutionalisierten Anti-Antisemitismus noch für zeitgemäß halten – zumal die aktuellen offiziellen Repräsentanten der Juden in Deutschland auch zu lange die jetzt eskalierende Bedrohungslage unterschätzt haben. Eine klare Positionierung auch der deutschen Ärzteschaft sollte aber selbstverständlich sein. Wer nur über ein Mindestmaß an Humanität und historischer Bildung verfügt, kann hier nicht wegsehen nach dem Motto: „Das ist lange her und geht mich nichts an“.

Ich bin deshalb der KBV sehr dankbar, dass sie sich schon am 9. November 2023 in Form einer Pressemitteilung hierzu eindeutig erklärt hat.

Besonders erfreulich ist, dass sowohl BÄK als auch KBV in der Folge über die noch als „Pflichtübung“ einordenbare Pressemitteilung hinausgegangen sind und eine konkrete Maßnahme vorgeschlagen haben:
„So wie verfassungsfeindliche Bewerber nicht verbeamtet werden dürfen, darf, wer antisemitische Volksverhetzung betreibt und terroristische Aktivitäten unterstützt, keine Approbation erhalten.“

In einem Artikel der WELT vom 10. November 2023 äußerten sich Andreas Gassen von der Kassenärztlichen Bundesvereinigung sowie Bundesärztekammerchef Klaus Reinhardt entsprechend. Wer sich nicht mit den durch das Grundgesetz vermittelten Werten identifiziere, wer antisemitisch agiere oder Terrorgruppen offen oder verdeckt unterstütze, habe in Deutschland nichts verloren, sagten sie in einer gemeinsamen Mitteilung. Gassen und Reinhardt wollen dies auch explizit im Kontext Medizinstudium verstanden wissen: „Im Rahmen der akademischen ärztlichen Ausbildung sollten die Bundesländer, die ja für die Hochschulausbildung verantwortlich sind, über ähnliche Verpflichtungen nachdenken, wie sie für das Berufsbeamtentum gelten.“

Ich bin mir sicher, im Namen einer ganz großen Mehrheit der sächsischen Vertragsärztinnen und Vertragsärzte zu sprechen, wenn ich diese Forderung ganz konkret so an unsere Landesregierung richte.

 

Ihr Klaus Heckemann

Haltung zeigen gegen Antisemitismus

Mit den Novemberpogromen des Jahres 1938 begann das dunkelste Kapitel der deutschen Geschichte. Der Vorstand der Kassenärztlichen Bundesvereinigung (KBV) stellt klar: Antisemitismus darf niemals geduldet werden!

85 Jahre nach der Reichspogromnacht werden auf deutschen Straßen wieder antisemitische Parolen gebrüllt. Dr. Andreas Gassen, Vorstandsvorsitzender der KBV, findet deutliche Worte: „Wer sich nicht mit den durch das Grundgesetz vermittelten Werten unserer Demokratie identifiziert, wer antisemitisch agiert oder Terrorgruppen offen oder verdeckt unterstützt, hat in Deutschland nichts verloren. Hier ist der Rechtsstaat mit aller ihm zur Verfügung stehenden Macht gefragt. Es ist erschreckend und inakzeptabel, dass sich Jüdinnen und Juden hier bei uns nicht mehr sicher fühlen.“

Der Kampf gegen Antisemitismus und andere Formen der Menschenfeindlichkeit ist nicht nur eine Aufgabe des Staates, gerade die Zivilgesellschaft ist gefragt. „Wir sind alle dazu aufgerufen, Haltung gegen Antisemitismus zu zeigen. Die Novemberpogrome waren der Auftakt zum Völkermord an sechs Millionen Jüdinnen und Juden. So etwas darf nie wieder geschehen, nie wieder!“, erklärt der stellvertretende KBV-Vorstandsvorsitzende Dr. Stephan Hofmeister.

„Deutschland hat aufgrund seiner Geschichte eine besondere Verantwortung gegenüber jüdischen Menschen“, betont KBV-Vorstandsmitglied Dr. Sibylle Steiner. „Wir dürfen niemals wegschauen, wenn Menschen aufgrund ihrer Religion oder ihrer Herkunft angegriffen oder benachteiligt werden. Dem Hass müssen wir mit Zivilcourage entgegentreten!“

Presseinformation der KBV vom 9. November 2023

Ärzteverbände wollen Approbation unter Vorbehalt

Auf WELT-Anfrage äußerten sich Andreas Gassen von der Kassenärztlichen Bundesvereinigung sowie Bundesärztekammerchef Klaus Reinhardt entsprechend.

Wer sich nicht mit den durch das Grundgesetz vermittelten Werten identifiziere, wer antisemitisch agiere oder Terrorgruppen offen oder verdeckt unterstütze, habe in Deutschland nichts verloren, sagten sie einer gemeinsamen Mitteilung. Gassen und Reinhardt wollen dies auch explizit im Kontext Medizinstudium verstanden wissen: „Im Rahmen der akademischen ärztlichen Ausbildung sollten die Bundesländer, die ja für die Hochschulausbildung verantwortlich sind, über ähnliche Verpflichtungen nachdenken, wie sie für das Berufsbeamtentum gelten.“

So wie verfassungsfeindliche Bewerber nicht verbeamtet werden dürfen, dürfe, wer „antisemitische Volksverhetzung betreibt und terroristische Aktivitäten unterstützt“, keine Approbation erhalten.

Auszug aus dem Artikel „Das sind die Ärzte von morgen, das sollte jeden Demokraten besorgen“ aus der „WELT“ vom 10. November 2023