Präventionsgesetz nachbessern: Sexuelle & reproduktive Gesundheit als präventives Handlungsfeld!

Liebe Kolleginnen, liebe Kollegen,

diesen Spruch kennen wir für viele Lebenssituationen seit unserer Kindheit, egal ob es die mahnenden Worte der Eltern und Großeltern zur Vorsicht auf dem Schulweg, dem Umgang mit Schere und Messer, oder Ratschläge zur Aufnahme von „gesunden“ Nahrungsmitteln, für Bewegung im Freien und vor dem ersten Rendezvous waren.

Später im Studium betrachteten wir das Ganze wissenschaftlich unter dem Oberbegriff „Prävention“: die Krankheitslast in der Bevölkerung durch gezielte Maßnahmen zu verringern. Dabei umfasst die Prävention alle Aktivitäten, die mit dem Ziel durchgeführt werden, Erkrankungen zu vermeiden, zu verzögern oder weniger wahrscheinlich zu machen. Prävention geht auf das lateinische Wort „praevenire“ (zuvorkommen, verhüten) zurück; bedeutet Vorbeugung oder Abschreckung. Die präventive Tätigkeit ist für jeden von uns ein fester Bestandteil unserer täglichen Arbeit in den Praxen geworden.

Wo aber steht das deutsche Gesundheitswesen im globalen Vergleich?

Nach Berechnungen des Bundesgesundheitsministeriums (BMG) fallen in Deutschland jährlich 5.000 Euro Gesundheitsausgaben pro Einwohner an (viel im Vergleich zu Frankreich, Österreich und Schweden).

Wie Prävention und Gesetzgebung zu positiven Effekten führen kann, zeigen die Masernimpfquoten seit Inkrafttreten des Masernschutzgesetzes im März 2020. Seitdem muss ein Nachweis über das Vorliegen der Masernimmunität (vorzugsweise durch Impfung) vor Eintritt in die Kindertagesstätte oder Schule erbracht werden. So wurde deutschlandweit vor Schuleintritt für die erste Masernimpfung eine Impfquote von 97,5 (!) Prozent erreicht; die zweite Impfung hat aber leider noch eine deutlich schlechtere Akzeptanz. Dagegen wird die „Impfung gegen Krebs“ (HPV) in Deutschland nach wie vor sehr zögerlich angenommen. Jährlich erkranken in Deutschland 6.250 Frauen und 1.600 Männer neu an HPV-assoziierten Karzinomen. Die Impfrate bei Mädchen beträgt in Deutschland 54 Prozent (Schweden, Portugal, Großbritannien, Norwegen 80 bis 90 Prozent), bei Jungen sogar nur 26,5 Prozent.

Bereits im Juli 2015 (Zeit der großen Koalition) trat das Präventionsgesetz in Kraft, in dem Früherkennungsuntersuchungen aller Altersstufen weiterentwickelt und wichtige Maßnahmen zum Impfschutz geregelt wurden. Im Koalitionsvertrag unserer jetzigen Ampelregierung wurde eine Weiterentwicklung versprochen mit dem Ziel, Primär- und Sekundärprävention zu stärken. Dazu soll ein Nationaler Präventionsplan entwickelt werden.

Bisher gilt die erste Fassung des Präventionsgesetzes von 2015. Bedenkt man, dass im Haushaltsplan der Bundesregierung 2024 die Mittel für Gesundheit um 33,7 Prozent zum Vorjahr gekürzt wurden – die größte Kürzung im Vergleich zu allen anderen Haushaltsbereichen – kann man die „Wertschätzung“, die der Gesundheit der Bevölkerung entgegengebracht wird, sehr gut nachvollziehen.

Dem gegenüber stehen Gesetze des BMG wie das

  • Gesundheitsversorgungsstärkungsgesetz (GVSG)

  • Krankenhaustransparenzgesetz

  • Krankenhausversorgungsverbesserungsgesetz (KHVVG)

  • Digital-Gesetz (DigiG)

Das Bundesgesundheitsministerium hat nunmehr aber erste Pläne für ein neues Institut „Bundesinstitut für Prävention und Aufklärung in der Medizin“ (BIPAM) vorgelegt. Darin sollen die Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung (BZgA) sowie Teile des Robert-Koch-Instituts (RKI) integriert werden. Konkret soll das neue Institut Vorbeugestrategien entwickeln und die Umsetzung von Aktivitäten mit den Gesundheitsämtern vor Ort abstimmen.

Minister Lauterbach sagt: „Es fehlt an wirksamer Vorbeugung, unser System ist zu stark auf Behandlung schon bestehender Krankheit ausgerichtet.“

Ob er eine Änderung mit einem Institut und den Gesundheitsämtern ohne Einbeziehung der Praxen schafft, stelle ich stark in Frage.

Das neue Institut soll die Prävention auf nicht übertragbare Krankheiten ausbauen, die Prävention, die Gesundheitskompetenz bei Kindern und Jugendlichen sowie die Weiterentwicklung von Gesundheitsuntersuchungen wissenschaftlich begleiten.

Das RKI soll sich zukünftig auf die Abwehr von Infektionskrankheiten konzentrieren und spezialisieren.

Liebe Kolleginnen, liebe Kollegen,

das Präventionsgesetz soll jetzt neu verabschiedet werden. Wir sollten es aufmerksam lesen und uns als Ärzteschaft einbringen. Gesundheitsförderung und Prävention sind auch unsere ureigensten Aufgaben.

Bisher umfasst das Gesetz vier Handlungsfelder: Ernährung, Bewegung, Stressregulation sowie Sucht/Umgang mit Nikotin und Alkohol. Es fehlt im Gesetz z. B. der gesamte Bereich der sexuellen und reproduktiven Gesundheit. Deshalb fordere ich Sie auf, die Petition der Ärztlichen Gesellschaft zur Gesundheitsförderung e. V. (ÄGGF) zu unterzeichnen und diese Forderung damit zu unterstützen.

Bleiben Sie gesund und der Prävention und dem Impfen verbunden.

Ihre Barbara Teichmann

Petition

Präventionsgesetz nachbessern: Sexuelle & reproduktive Gesundheit als präventives Handlungsfeld!

Von:Ärztliche Gesellschaft zur Gesundheitsförderung e. V. (ÄGGF)
An:Deutscher Bundestag Petitionsausschuss
Zeichnungsfrist: 10. Juni 2024