Eine unzureichende Finanzierung des ambulanten Bereichs, der Trend zur Anstellung und der demographische Wandel lassen die Versorgungslücken immer größer werden. Schon jetzt herrscht in vielen Regionen Fachkräftemangel – die ambulanten Strukturen drohen zu bröckeln.

Doch wie könnte die Niederlassung und die Suche nach Praxisnachfolgern attraktiver gestaltet werden? Wie könnte das Problem, offene Haus- und Facharztstellen nachzubesetzen, gelöst werden?

Vor allem der Personalmangel hat sich in den vergangenen Jahren zu einem großen Problem in den Praxen entwickelt. Immer mehr medizinische Fachangestellte (MFA) wandern in andere Bereiche des Gesundheitswesens wie Kliniken, Krankenkassen und Behörden ab, wo höhere Gehälter gezahlt werden, oder wechseln ganz den Beruf. Viele freie Stellen in den Praxen bleiben unbesetzt. Die Tätigkeiten der fehlenden MFA müssen durch fachfremdes Personal oder die Ärztinnen und Ärzte selbst übernommen werden. Ein weiterer Aspekt: Praxisteams erhalten oft gerade von politischer Seite nicht die ihnen gebührende Wertschätzung – obwohl sich das Berufsbild in den vergangenen Jahren enorm gewandelt hat.

„Doch nicht nur der MFA-Mangel bereitet uns Sorgen. Leider schreitet auch der Ärztemangel in der ambulanten Versorgung ungebremst voran. Das Interesse an der Niederlassung sinkt. Arztpraxen bleiben ohne Nachfolge, wovon besonders die hausärztliche Versorgung betroffen ist“, so Dr. med. Klaus Heckemann, Vorstand der KV Sachsen. Der schon heute herrschende Ärztemangel wird sich noch weiter verschärfen. Ein Drittel der Vertragsärzte ist 60 Jahre oder älter und wird in absehbarer Zeit in den Ruhestand gehen. Zwar steigen die Arztzahlen nach Köpfen jährlich, doch gibt es real kein Wachstum. Der Grund: der Teilnahmeumfang an der Versorgung nimmt ab. In den vergangenen zehn Jahren ist die Zahl der in Teilzeit tätigen Ärzte massiv gestiegen. Auch der Trend zur Anstellung hält weiter an. Die Konsequenz ist das Absinken der insgesamt für die Behandlung der Patienten zur Verfügung stehende Arztzeit, längere Wartezeiten und längere Wege zu den Praxen. Aufgrund der alternden Gesellschaft und mehr multimorbiden Patienten wird der Bedarf an ärztlichen Leistungen hingegen stark zunehmen, eine altersgerechte ärztliche Versorgung ist unter diesen Umständen fraglich.

Die desaströse Sparpolitik im Gesundheitswesen trägt zusätzlich zum Fachkräftemangel bei. Um den Betrieb in den Praxen und Medizinischen Versorgungszentren weiterhin aufrechterhalten zu können, werden reduzierte Öffnungszeiten und gegebenenfalls Leistungskürzungen kaum zu vermeiden sein.

„Die schwindenden Ressourcen werden wir nicht auffangen können. Hinzu kommt, dass die Rahmenbedingungen eine eigene Niederlassung immer unattraktiver machen: gedeckelte Vergütungen, ständig neue gesetzliche Regularien, eine überholte Bedarfsplanung, überbordende Bürokratie. Den Kolleginnen und Kollegen fehlen die Anreize, um den Schritt in die Selbständigkeit zu gehen und unternehmerische Verantwortung zu übernehmen“, erläutert Dr. Heckemann weiter. Aus Sicht der KV Sachsen kann es nur eine Lösung geben: Die Politik muss sich endlich mit der ambulanten Versorgung und deren Bedürfnissen auseinandersetzen und bei der Bewältigung der Herausforderungen unterstützen. Dies schließe auch die Entbudgetierung mit ein, ohne die es den Praxen nicht gelingen wird, den MFA höhere Gehälter zu zahlen und deren Abwanderung zu stoppen.

„Die Wettbewerbsverzerrung durch unterschiedliche Vergütungsanpassungen muss ein Ende haben. Der ambulante Bereich braucht Planbarkeit und Verlässlichkeit, um wirtschaftlich arbeiten zu können. Wenn sich nicht schnellstens etwas ändert, bricht die ambulante Versorgung zusammen. Die Politik darf die Augen nicht länger davor verschließen, dass die Rahmenbedingungen in der ambulanten Versorgung dringend verbessert werden müssen, um die vorhandenen Strukturen zu festigen und mindestens den Status quo aufrechtzuerhalten“, fordert der Vorstand der KV Sachsen.

V.i.S.d.P.:  Dr. med. Klaus Heckemann
Vorstandsvorsitzender der KV Sachsen


„PraxenKollaps – Praxis weg, Gesundheit weg!“ – Bundesweite Aktion der Kassenärztlichen Vereinigungen

Die KV Sachsen veröffentlicht diese Pressemitteilung im Rahmen der bundesweiten Aktion aller Kassenärztlichen Vereinigungen (KVen) und der Kassenärztlichen Bundesvereinigung (KBV) unter dem Titel „PraxenKollaps – Praxis weg. Gesundheit weg!“. Seit dem 7. August 2023 veröffentlichen alle KVen themengleiche Pressemitteilungen in ihren Bundesländern, um auf die akut gefährdete Situation der ambulanten Versorgung aufmerksam zu machen. Hintergrund sind die Finanzierungsverhandlungen auf Bundesebene, die am 9. August gestartet sind.

Höhepunkt der Aktion wird am 18. August eine gemeinsame Krisensitzung der Vertreterversammlungen aller KVen gemeinsam mit der KBV in Berlin sein. Es werden ärztliche und psychotherapeutische Vertreterinnen und Vertreter aus ganz Deutschland erwartet.

Mehr Informationen dazu finden Sie hier: https://www.kbv.de/html/64719.php